Konfliktkultur: Zwischen Gott und Geld - "Man kann nicht zwei Herren dienen..."
„Ihr könnt nicht beiden dienen, Gott und dem Mammon.“ (Lk 1,13d)
Evangelium
Zwei Herren dienen (Mt 6,24, Lk 16,13)
Im Leben kann es nur eine oberste Priorität geben. Eine Grundentscheidung ist unausweichlich, wenn man nicht zwischen unterschiedlichen Anforderungen, Wertsystemen und Loyalitäten hin und hergerissen werden will. Mit Gott und dem Mammon nennt Jesus unvereinbare Gegensätze. Mammon ist der Götze des Geldes, der als Identifizierung des Reichtums angebetet wird. Ihm wird in Wort und Tat gedient, wenn jemand als oberstes Lebensziel das Erringen und Vermehren von Vermögen hat. Ein solcher Mensch ist auf Geld fixiert.
Sicherlich bietet Vermögen einiges: eine klare Wertordnung, ein angenehmes Leben, Gleichgesinnte, ein gewisses Maß an gesellschaftlicher Anerkennung usw.
Die Sorge um Geld kann der Lebenswirklichkeit scheinbar näher stehen und reizvoller sein als etwa der Gottes-Dienst und als das Tun des Guten.
Für die gegenseitige Ausschließung zwischen Gott und dem Mammon ist für Jesus auschlaggebend, dass es sich dabei um das entscheidende und tragende Prinzip des Lebens handelt. Dass Menschen ihren Lebensunterhalt verdienen und entsprechend ihrer Lebensführung auf Gelderwerb angewiesen sind, ist klar. Ebenso ist ein verantwortungsbewusstes Streben nach Sicherung und Mehrung von Wohlstand und Vermögen sinnvoll. Aber das darf nicht das Wichtigste im Leben sein. Es gehört dazu, aber in jener Bedeutung, die ihm von Gott her zukommt.
Der Evangelist Lukas verwendet den krassen Begriff „Sklave“, Sklave des Geldes. Ein Sklave übt nicht nur die verschiedensten Dienste aus, sondern er ist existenziell gebunden und abhängig von seinem Herrn. Er ist unfrei und lebt ganz wie es dem Herrn gefällt. Damit werden die Unterschiede noch deutlicher. Wenn sich ein Mensch unter die Herrschaft Gottes stellt, baut er das Reich der Liebe auf. Für einen innerlich vom Geld Abhängigen sieht das Leben, der Mensch und die Welt ganz anders aus.
In der Widersprüchlichkeit des Lebens gibt es trotz einer Grundentscheidung für Gott immer wieder Situationen, wo ein Tribut an den einen oder anderen Götzen gezollt wird, wo z.B. die Sorge um Geld, um Karriere, um ein Projekt einmal so wichtig wird, dass man Gott vergisst. Die Konsequenzen können weitreichend sein. Das Denken, die Ausrichtung des Willens und des Handelns wird durcheinandergebracht. Danach hinterlässt es Spuren und zieht es Kreise in der Umgebung.
Wer letztendlich Gott als seinen Herrn erwählt hat und dies nicht nachträglich durch sein Handeln revidiert, wird früher oder später zu seiner eigentlichen Berufung zurückkehren und dem Geld wieder seinen angemessenen, untergeordneten Platz im Leben geben.
Im Sinn einer christlichen Konfliktkultur geht es um das persönliche Durchhalten der Grundentscheidung, dass Gott Herr in meinem Leben ist, d.h. dass ich mich an ihm orientiere. Das könnte mir an dieser Stelle wieder bewusst werden. Die Herrschaft von anderen Einflüssen auf mein Leben und jeder faule Kompromiss muss zurückgewiesen werden. Denn ich kann nur Diener eines Herrn sein. Wenn es nicht Gott ist, wer dann? Wenn es Gott ist, wie sieht das in diesem Augenblick aus?
Konfliktkultur: Zwischen Vorschrift und Zuneigung
„Während er noch darüber nachdachte, erschien ihm ein Engel des Herrn im Traum und sagte: Josef, Sohn Davids, fürchte dich nicht, Maria als deine Frau zu dir zu nehmen, denn das Kind, das sie erwartet, ist vom Heiligen Geist.“ (Mt 1,20)
Evangelium:
Josef folgt der Eingebung des Engels (Mt 1,18-24; 2,13-15; 2,19-23)
Josef hat große Probleme. Die größte Schwierigkeit scheint zu sein, dass er „gerecht“ ist. Das heißt: Er lebt nach seinem von den gesellschaftlichen Normen und dem Willen Gottes geprägten Gewissen. Und gerade das macht ihn seiner eigenen Situation gegenüber fassungslos. Denn es hindert ihn, die allgemein üblichen Vorschriften und deren „Gerechtigkeit“ zu übernehmen. Irgendwas passt nicht zusammen. Josef merkt, dass in seiner und Marias einzigartigen Lebenssituation etwas anders ist, das daher anders gelöst werden muss.
Was soll er tun? Er ist perplex und irritiert. Seine Lebensplätze sind durchkreuzt. Der einzige Ausweg ist eine Trennung von diesen Plänen und eventuell ein neuer Anfang – ohne Maria? Dabei will Josef so dezent und entgegenkommend wie irgend möglich sein. Es soll weder Streit noch Vorwürfe, die jetzt sowieso nichts bringen würden, noch ein Aufschaukeln des Problems geben. Josef ist zwischen den gesellschaftlichen Erwartungen gespalten: Einerseits bestimmen sie ihn, er will Maria entlassen; andererseits ist seine Zuneigung so stark, dass er entgegen den gesellschaftlichen Spielregeln verschweigen will, was peinlich erscheint und nur Nachteile bringen würde, besonders für Maria. Das zeigt, dass er innerlich schon über diesen, nicht auf die konkreten Menschen in ihrer einmaligen Lebenssituation blickenden Regeln steht.
Der Evangelist, der Josef als „gerecht“ beschreibt, wird diesen Gegensatz einer höheren Gerechtigkeit und der Dominanz von Gesetzen und Vorschriften immer wieder hervorheben. Das Sinnvolle der Gesetze wird nie in Zweifel gezogen, aber zuerst kommt stets der Mensch. Josef handelt danach.
Als verantwortlicher Ehemann und Vater kümmert er sich um seine Familie. Er gibt über Nacht alles auf, um nach Ägypten zu fliehen (Mt 2,13-15). Es bleibt dort ein Leben in der Fremde, vergleichbar mit den vielen Flüchtlingen unserer Tage. Die politischen Veränderungen in der Heimat erlauben eine Heimkehr (Mt 2,19-23) und den Aufbau einer neuen Existenz. Josef kann seinen Beruf ausüben, die Familie lebt endlich in Frieden und Sicherheit in bescheidenen Verhältnissen in Nazaret.
Zwischen Josefs großen Entscheidungen tritt der Engel auf, der das rechte Wort zur rechten Zeit spricht. Eine solche hilfreiche Stimme vernehmen viel eher „Gerechte“ als andere, die vielleicht „gerissen“ sind. Denn dafür braucht es eine Offenheit für Gott. Der Engel spricht deutlich und bestimmt, dennoch ist seine Art nicht konfrontierend oder belehrend. Eher vermittelt er einen Weg zwischen einer sich zum schlechten gewandelten Realität und den verbleibenden Möglichkeiten. So verlieren die herrschenden Umstände ihre Übermacht. Es gibt eine Lösung, die der Situation Rechnung trägt, aber weitsichtiger und größer ist als es auf den ersten Blick möglich erscheinen würde.
Davon wird sich eine christliche Konfliktkultur inspirieren lassen.
Im inneren Ringen um das rechte Handeln entsprechend den gesellschaftlichen Bedingungen und dem Willen Gottes ist der Blick auf die Menschen zu richten. Im Sinne einer souveränen Gerechtigkeit müssen Konfliktlösungen auf dieser Linie liegen. Ein bloßer Protest gegen das Gesetz wäre nutzlos. Als einzelner und persönlich Betroffener wäre Josef mit seiner Familie in der schwächeren Position. Dies wird durch das besondere Eingreifen oder Eingebungen des Heiligen Geistes aufgehoben.
Dass der Heilige Geist hier am Werk war, ist aufgrund der Vertrauenswürdigkeit (und Erwählung) Marias glaubwürdig. Josef zweifelt nicht daran, d.h. er traut dem Heiligen Geist Ungewöhnliches zu, das in sein Leben treten mag.
Ähnliches gilt heute genauso. Ein Außer-Kraft-Setzten von Regeln und Gesetzen muss glaubhaft auf den Heiligen Geist zurückgeführt werden können, der an seinen Früchten (Gal 5,22f) erkennbar ist. Der Heilige Geist ruft nicht einfach zum Widerstand, sondern zu einer menschlichen Lösung unter konkreten Bedingungen. Diese Herausforderungen kann noch einmal alles bisher Überlegte kurzfristig über den Haufen werfen.
Ein weiterer Aspekt ist das Eingreifen des Engels. Eine christliche Konfliktkultur braucht Menschen, die einen Blick für die größeren Pläne und Gedanken Gottes ein Stück weit öffnen. Sie haben die Gabe des Rates, des rechten Wortes zur rechten Zeit und des rechten Stils dem zu Beratenden gegenüber. Mit seiner Botschaft hätte der Engel auch anders, mächtiger auftreten können. Zwar „befiehlt“ er, aber er begründet einleuchtend. Er macht Josef nicht zum Untergebenen oder zum Befehlsempfänger, sondern ruft ihn zur Übernahme seiner Verantwortung auf. Dabei hilft er.
Für die Familien mag noch ein Hinweis hinzugefügt werden. Selbst in der „Heiligen Familie“ mussten Konflikte gelöst werden. Die Vertrauenswürdigkeit der Personen und das Hören auf die Stimme Gottes bilden auch heute einen Rahmen, der Lösungen ermöglicht.
Konfliktkultur: Fruchtlosigkeit - Das Gleichnis vom unfruchtbaren Feigenbaum
„Vielleicht trägt er doch noch Früchte; wenn nicht, dann lass ihn umhauen.“ (Lk 13,9)
Evangelium:
Feigenbaum trägt keine Früchte (Lk 13,6-9)
Die Verfluchung eines Feigenbaums (Mt 21,18-22; Mk 11,12-14, 20-26)
Der Feigenbaum in einem Weinberg ist eine schöne Ergänzung zu den Weinstöcken. So gibt es verschiedene Früchte. Doch nach drei Jahren Fruchtlosigkeit ist die Geduld des Besitzers am Ende. Der Baum nimmt nur, er verbraucht Ressourcen und „dankt“ es nicht. Der Feigenbaum wurde vom Besitzer selbst an diesen Ort im Weinberg bestimmt. Ob er sich woanders wohler fühlen und besser Früchte tragen würde, ist Spekulation. Hier wird er gebraucht. Eine eventuelle Verpflanzung ist im Gleichnis nicht vorgesehen. Also gibt es nur die Alternative, Frucht zu bringen oder unnütz zu bleiben.
Ein zum Fruchttragen bestimmter Baum ist in seiner bleibenden Fruchtlosigkeit sinnlos. Er verfehlt sein Existenzziel und ist „in geistigem Sinn“ tot. Aber es soll noch eine Chance für den Feigenbaum geben: intensive Pflege, wie sie vom Winzer vorgeschlagen wird. Sollte auch dies nichts nützen, mag er endgültig entfernt werden.
Die Antwort des Besitzers auf diesen Vorschlag bleibt aus. Vermutlich stimmt er zu, denn die Argumente sind einleuchtend. Die Erarbeitung einer Chance für den Feigenbaum bringt dem Besitzer keinen Schaden, dafür könnte es doch noch Früchte geben.
Dieses Gleichnis steht im Zusammenhang einer Mahnung Jesu zur Umkehr. Nimmt man den Feigenbaum als Bild für einen Menschen, heißt das: Er soll durch Zuwendung zur Umkehr, d.h. zur Erfüllung seines eigentlichen Lebenssinnes (Frucht zu tragen) gebracht werden. Diesen Sinn soll er an dem Ort leben, wo er ist.
Manche Menschen erleben Zeiten, in denen sie sich in ihrer – vielleicht veränderten – Umgebung fremd fühlen. Sie haben den Eindruck, nicht wirklich hierher zu gehören. Das ist, als würde sich in diesem Gleichnis der Feigenbaum inmitten der Weinstöcke deplatziert vorkommen. Aber es könnte vom Besitzer des Weinbergs ein größerer Plan dahinterstecken. Denn durch den Feigenbaum wird das ganze Grundstück vielfältiger, bunter und wertvoller. Es soll auch Früchte zu Zeiten geben, wenn keine Trauben reifen.
Ein Mensch wird von Gott an einen Ort gestellt. Wenn er sich da – manchmal – nicht ganz „zu Hause“ fühlt, mag ein Plan Gottes dahinterstehen. Zumeist braucht es sowieso eine Gewöhnungsfrist, die unterschiedlich lang dauern kann. Und diese wird gern in jeder Umgebung gewährt. Problematisch wird es, wenn sich nichts verändert, wenn der Fremde fremd bleibt. Der Mensch bleibt in Distanz und erfüllt nicht im Geringsten die in ihn gesetzten Erwartungen. Und so leicht kann er nicht woandershin gebracht werden. Fast ist es gleichgültig, ob es ihn gibt oder nicht. D.h. eigentlich wäre ein Abschied besser, da er sich nur aushalten lässt, Kraft und Platz wegnimmt. Ein anderer wäre vielleicht dankbarer und würde Früchte bringen. Eine Entscheidung über die Zukunft dieses Menschen steht an…
Und hier kann eine christliche Konfliktkultur von diesem Gleichnis profitieren. Der Mensch soll eine Chance haben, die ernsthaft zu erarbeiten ist. Man hilft ihm nach Kräften, macht ihm dies bewusst und gibt ihm Klarheit über seine Situation. In dieser Zeit erfolgt keine Vorverurteilung, sondern man bemüht sich um einen echten und umfassenden Neuanfang. Vielleicht hat man von Seiten des Weinbergs, des Ortes, etwas unterlassen, so dass die Fremdheit noch nicht überbrückt werden konnte. Das kann man nachholen, d.h. man muss nachdenken, Versäumnisse zugeben und das Beste versuchen. Dafür gibt es eine Frist. Endlose Bemühungen sind nicht vorgesehen. Einmal wird ein Schlussstrich unter eine fruchtlose Situation gezogen.
Das Erfreuliche an diesem Gleichnis ist die Geduld und das große Engagement für den Feigenbaum, für einen Menschen. Aber er hat den Auftrag, Frucht zu bringen und seinen Lebenssinn zu leben. Eine Verweigerung, ein Ausweichen vor der Annahme der persönlichen Berufung von Gott her bedeutet Sinnlosigkeit, Ärger und Unglück. Denn dann wird kein „Segen“ sein. Ein Abgetrennt-sein vom Segen heißt anders formuliert: „Verflucht-sein“. Wenn Jesus den fruchtlosen Feigenbaum „verflucht“, bestätigt er dessen Sinnlosigkeit.
Es wäre die Zeit zum Frucht-bringen gewesen. Wer dazu bereit ist, wird belohnt werden, wer nicht, mag ausgeschlossen sein (vgl. das Gleichnis von den zehn Jungfrauen – Mt 25,1-13, sowie das Gleichnis vom treuen und vom schlechten Knecht – Mt 24,43-51; Mk 13,33-37; Lk 12,35-48)
Das ist die Sinnspitze dieser Gleichnisse.
Konfliktkultur: Passivität - Das Gleichnis vom anvertrauten Geld
„Sein Herr sagte zu ihm: Sehr gut, du bist ein tüchtiger und treuer Diener. Du bist im Kleinen ein treuer Verwalter gewesen. Ich will dir eine große Aufgabe übertragen. Komm, nimm teil an der Freude deines Herrn!“ (Mt 25,21)
Evangelium:
Das Gleichnis vom anvertrauten Geld (Mt 25,14-30, Lk 19,11-23)
Trotz der Unterschiede zwischen Matthäus und Lukas bleibt der Konfliktstoff in dieser Erzählung gleich. Es geht um den einen Diener, der das anvertraute Geld versteckt hat, ohne sich weiter darum zu kümmern. Er kann es zurückgeben, das heißt, dem Herrn entsteht kein Schaden außer den nicht gewonnenen Zinsen. Trotzdem wird scharf reagiert. Der Diener ist ungeschickt. Er erteilt dem Herrn eine Belehrung und klagt ihn an. Er überschätzt – ehrlich und frech – seine Kompetenz und macht eigentlich den Herrn für sein Nichts-Tun verantwortlich: Er wäre schuld an seiner Ängstlichkeit und infolgedessen an seiner Unmöglichkeit zu handeln.
Der Herr argumentiert etwas eigentümlich, wenn er seine eigene zweifelhafte Art der Vermögensvermehrung zugibt. Dahinter steckt eine Verkürzung des Gesprächsverlaufs. Ein Diener sollte wohl aus Treue und aus Anhänglichkeit zum Herrn dessen Willen tun. Sodann ist das Arbeits- und Lohnverhältnis ein Grund, für die aufgetragene Erfüllung der Aufgabe im besten Sinn zu arbeiten. Wo das noch kein ausreichendes Motiv ist, kann sogar die Furcht ein Anlass für die Ausführung des Auftrages sein.
All das hat bei diesem Diener nicht gegriffen. Was hat er eigentlich die ganze Zeit getan? Wenn er nicht mit der Erfüllung seines Dienstes beschäftigt war, hat er wohl Eigenes erledigt. Er wurde die ganze Zeit als Diener bezahlt und ernährt, dennoch hat er den Dienst nicht getan. Er hat die Abwesenheit seines Herrn, seine Freiheit und die mangelnde Kontrolle ausgenützt. Er hat Zeit gestohlen und sein Arbeitsverhältnis missbraucht.
Die Angst ist entweder eine Konsequenz des schlechten Gewissens wegen diesem Tun oder eine Ausrede, da andere in der gleichen Situation ihre Arbeit getan und nun eine schöne Belohnung erhalten haben. Bei ihnen ist nirgends von Angst die Rede. Sie sind in ihrem Gespräch mit dem Herrn korrekt. Letztlich zeigt die Anerkennung durch den Herrn, dass Freude herrschen wird. Das beweist im Nachhinein, dass de facto kein Grund für Angst gegeben war.
Es wird an dieser Stelle der Heiligen Schrift eine Mahnung zu einer rechten Ethik der Arbeit gegeben. Denn die Haltung des Dieners muss den Herrn aufregen. Wahrscheinlich wäre nicht einmal ein Verlust so schlimm gewesen, wie dieses Nichts. In der Logik von Matthäus und Lukas hätte der Diener eventuell bei verlustreichen Geschäften noch eine Aufgabe erhalten können, wenn auch eine kleine und wenig verantwortungsvolle. Dass der Diener nicht einmal den Weg auf die Bank gefunden hat, ist beschämend und zeigt, wie wenig ihn die Sache des Herrn eigentlich interessiert, wie wenig ihm der Herr bedeutet.
Eine christliche Konfliktkultur wird daher das Anvertraute nie bloß bewahren wollen. Es geht um schöpferisches Tun, um ein Engagement für die Sache Gottes. Ein Festhalten und Verstecken der gegebenen Möglichkeiten ist widersinnig und führt zu Konflikten vor Gott und wohl auch mit denen, die wirklich etwas tun.
Es muss mit der Sache Gottes etwas unter den Menschen geschehen. Sie muss wirken können. Ein Verstecken verhindert den Zugang und macht sie nach außen hin Stück für Stück weniger wert. Sie muss in den Bedingungen der Umwelt gegenwärtig und lebendig sein. Wer in diesem Sinn sein Bestes tut, wird mit größeren Aufgaben und Belohnungen betraut und wird noch größeren Anteil am Wirken und an der Herrlichkeit des Herrn erhalten. Diesen Engagierten wird mehr gegeben als sie je erwarten können.
Die Mahnung des Gleichnisses, jede Kleinigkeit treu zu tun, um für große Dinge vorbereitet zu sein, ist eine Ermutigung für das Tun der alltäglichen Pflicht. Das Leben besteht zumeist aus banalen Dingen, aus Kleinigkeiten, die eine stete Bewährung verlangen. Jedes Tun gewinnt Sinn vor Gott. Einmal kommt die Stunde der Belohnung, vielleicht mit einer verantwortungsvollen Aufgabe, ganz sicher aber mit den kleinen Aufmunterungen Gottes, die man überall um sich wahrnehmen bzw. im Gebet erfahren kann. Gott „belohnt“. Das ist ein Stück Frohe Botschaft für alle Menschen, die treu, zuverlässig, verantwortungsbewusst, engagiert und mit dem Herzen ihr Leben gestalten.
Konfliktkultur: Ausreden - Das Gleichnis vom Festmahl
„Die Diener gingen auf die Straßen hinaus und holten alle zusammen, die sie trafen, Böse und Gute, und der Festsaal füllte sich mit Gästen.“ (Mt 22,10)
Evangelium:
Das Gleichnis vom königlichen Hochzeitsmahl (Mt 22,1-14, Lk 14,15-24)
Zwischen den Erzählungen der beiden Evangelisten gibt es Unterschiede, die für eine christliche Konfliktkultur interessant sind.
Bei Matthäus erfolgt eine erste Einladung, woraufhin die Geladenen nicht kommen (22,3). Das ist angesichts des Ereignisses – ein König feiert die Hochzeit seines Sohnes! – ein unglaublicher Skandal. Trotzdem bemüht sich der König nochmals und schickt seine Diener. Die Reaktion der Geladenen zeigt, dass sie nichts für den König übrighaben, dass sie ihm eigentlich (innerlich) abgeschworen haben. Denn alles andere ist wichtiger. Und wo es nichts Wichtiges gibt, wird die Ablehnung der Einladung zu einem bösen und mörderischen Zeitvertreib. Zwar werden die Mörder umgehend bestraft (vgl. auch Mt 21,41), aber es gibt noch immer keine Gäste. Diese werden nun wahllos auf den Straßen eingeladen. Sie haben wohl gerade noch Zeit, sich darauf vorzubereiten. Wer kommt, scheint egal. Es werden Böse und Gute da sein. Sie alle haben sich auf dieses Ereignis kurzfristig eingestellt; alle bis auf einen. Dass dieser ohne Hochzeitsgewand gekommen ist, kann als Missachtung verstanden werden, vielleicht als äußeres Zeichen einer inneren Wirklichkeit: Er ist innerlich gar nicht da und nimmt keinen Anteil am Geschehen. Der König bleibt ihm gleichgültig, auch wenn er sein Gast ist. Vielleicht zeigt sich darin eine Haltung: Mangels entsprechender Kleidung fehlt ein sichtbares Zeichen der Zugehörigkeit. Dieser Mann möchte gar nicht da sein! Die scharfe Reaktion des Königs lässt vermuten, dass er dies als ein Vergehen versteht, das schwerer wiegt als mögliche böse Taten jener, die im Hochzeitsgewand gekommen sind.
Diese Erzählung steht im Zusammenhang der letzten Auseinandersetzungen Jesu mit den Pharisäern in Jerusalem. Die Botschaft vom Ende, vom Gericht, das Zeigen der Ablehnung durch jene, die eigentlich als erste an Jesus hätten glauben sollen, ist im Hintergrund deutlich zu spüren. Angesichts dieses Gleichnisses wird eine christliche Konfliktkultur zunächst fassungslos über die beschriebene Ablehnung sein. Dass kann doch nicht wahr sein! – möchte man rufen. Leider ist es wahr – klingt sofort nach. Ein Blick in die Runde bestätigt dies immer. Die an Gott Desinteressierten kümmern sich um ihre Dinge. Andere verfolgen sogar jene, die ihnen die Frohe Botschaft bringen wollen. Die Einladung wird von so vielen abgelehnt! Dennoch findet das Fest statt. Die Botschaft bleibt gültig, auch wenn sie niemand hören will. Das Angekündigte wird ausgeführt. Die nunmehr Auserwählten finden sich wie zufällig ein. Sie erfahren sich wirklich als „erwählt“. Jenen, die vielleicht ein Anrecht auf eine Einladung gehabt hätten, war die Erwählung nichts wert. Also läuft das Fest ohne sie ab. Für die neuen Gäste scheint es nur eine einzige Vorbedingung zu geben: eine gewisse Anpassung an den Charakter des Ereignisses, ein gewisses Maß an gezeigter Wertschätzung. Und dann kommt doch einer, den das nicht kümmert. Und er bemerkt überhaupt nicht, dass er sich nicht wie ein Gast, sondern wie ein Schnorrer benimmt – und deshalb deplatziert ist.
Im Sinne einer christlichen Konfliktkultur kann die einladende Großzügigkeit des Königs für alle gesehen werden. Die Tragik, dass das oft umsonst ist, erlebt man im pastoralen Alltag immer wieder. Das Gleichnis verweist sofort darauf, dass nun die Nächstbegegnenden einzuladen sind, nicht nach einer ausgeklügelten Gästeliste, sondern als wäre es Zufall. Und der König steht zu dieser illustren Gästeschar.
Es ist heute unsere Aufgabe, zu dieser Gemeinschaft von Gläubigen zu stehen, in der Gute und Böse, Ahnungslose und Mitläufer, Dankbare, Engagierte und sehr verschieden Motivierte zusammenkommen, die aber das Verbindende (im Gleichnis: die Kleidung) zeigen. Wer aus dieser Gemeinsamkeit aussteigt, muss mit seinem Ausschluss rechnen – Matthäus hat das Gericht im Blick.
Lukas beschreibt diese Szene etwas anders, feiner und in einem anderen Zusammenhang. Jesus ist auf dem Weg nach Jerusalem und bei einem Pharisäer zu Gast. Bei dieser Gelegenheit erzählt Jesus einiges. Offensichtlich hat Lukas gesammelte Worte Jesu hier zu einer längeren Rede zusammengefasst. In dem vorliegenden Gleichnis entschuldigen sich die Geladenen wenigstens, was zwar nichts ändert, aber immerhin höflicher ist als die Ignoranz bei Matthäus. Als Ersatz der ablehnenden Eingeladenen werden auf der Straße zunächst Bedürftige und Behinderte nach dem Zufallsprinzip geladen, später – weil es noch Platz gibt – überhaupt alle, die man nur trifft. Es ist viel Platz in der Gemeinschaft der Gläubigen. Mit den sichtlich Armen und Behinderten ist es eine wenig ansehnliche Gesellschaft. Zwar sind keine direkt Deplatzierten wie bei Matthäus darunter, aber auszuschließen ist das bei dieser Auswahl auch nicht.
Etwas salopp könnte man bemerken: wie sehr die Gemeinschaft der Gläubigen aus Armen, Krüppeln, Blinden und Lahmen besteht! Aber gerade solche Menschen wurden von Jesus seliggepriesen bzw. geheilt. Sie wissen, dass sie heilsbedürftig sind und dass die Einladung zu einem Festmahl ein unverdientes Geschenk ist. Außerdem bedeutet bei Lukas die Ablehnung der Einladung Endgültigkeit – so wie bei Matthäus.
Im Sinn einer christlichen Konfliktkultur kann man wieder einmal an die eigene Erbärmlichkeit, Blindheit usw. denken und deshalb über die mit Gott geschenkte Gemeinschaft umso erstaunter und dankbarer sein. Niemand hat seine Berufung, Christ zu sein, „verdient“. Manche wissen ja gar nicht, wie sie eigentlich dazu gekommen sind… Aber es wäre schade, wenn sie nicht dabei wären.
Es soll die Eindringlichkeit der Einladung hervorgehoben werden, was unermüdliche und unerschrockene Diener ohne Berührungsängste verlangt. Man möge sich nur die Antworten und Reaktionen auf die Einladungen vorstellen. Das muss im Sinn einer christlichen Konfliktkultur in Kauf genommen werden. Es geht nicht um einen einfachen Auftrag für die Diener, sondern um das Festmahl, und um alle, die dazu nach dem Willen des Herrn eingeladen werden sollen. Der Lohn der Diener ist ein schönes, viele unterschiedliche Menschen verbindendes Fest, dessen Zeugen und Mitarbeiter sie sind.
Konfliktkultur: Unfreundlichkeit - Die Ungastlichkeit der Samariter
„Und sie gingen zusammen in ein anderes Dorf.“ (Lk 9,56)
Evangelium:
Die ungastlichen Samariter (Lk 9,51-56)
Auf dem Weg nach Jerusalem wird Jesus Gastfreundschaft verweigert. Für die Samariter muss aufgrund ihrer Trennung vom Tempel in Jerusalem alles irgendwie suspekt sein, das sich dorthin bewegt. So verlief die gewöhnliche Reiseroute der Pilger am Rand des samaritanischen Gebietes und berührte dieses nicht. Dass Jesus dennoch durch samaritanische Dörfer zieht, zeigt seine Unbefangenheit gegenüber konventionellen Schranken.
Aber den Samaritern ist das nicht geheuer. Sie verstehen nicht, dass jemand Brücken bauen will. Sie verhalten sich wie gegenüber jedem Jerusalem-Reisenden ablehnend. Jesus ist und bleibt ihnen fremd. Da nützt die Öffentlichkeitsarbeit der Jünger nichts, die in ihrer Begeisterung jemanden „Besonderen“ angekündigt hatten. Erfüllt von der Faszination der vorhergegangenen Offenbarung Jesu durch Worte und Zeichen, sind sie empfindlich getroffen. Sie sind wütend gegenüber jenen, denen Jesus gleichgültig bleibt. Natürlich kommt Enttäuschung und Ärger dazu, da man ermüdet weiterwandern und Quartier suchen muss.
Jesus scheint diese Ablehnung zu akzeptieren. Diese Samariter kennen ihn nicht und haben von jenen, die nach Jerusalem zum Tempel gehen, bisher hauptsächlich Verachtung erfahren. Im Gegensatz zu den Orten Chorazin und Betsaida (Lk 10,13-15), wo Jesus Zeichen gewirkt hat und später abgelehnt wurde, verurteilt er dieses samaritanische Dorf nicht, wie es die Jünger in ihrem Zorn für angemessen halten. Jesus ist bloß ein Reisender und jetzt gerade nicht Verkünder des Evangeliums (im Gegensatz zu Lk 10,1-16). Oder?
Im Sinn einer christlichen Konfliktkultur kann die unterschiedliche Reaktion Jesu auf Ablehnung gesehen werden. Wo man als Fremder abgelehnt wird, muss man sich in gewissem Sinn mit der bleibenden Fremdheit abfinden. Die Samariter haben nichts von der Sendung Jesu erfahren und die Berichte der Jünger konnten dies nicht vermitteln. Eine solche Begebenheit ist unangenehm und enttäuschend, soll aber nicht tragisch genommen werden. Nicht jedes Kommen Jesu führt zu seiner Offenbarung. Dazu braucht es doch irgendwie einen Funken, der überspringt. Das theoretische Kennenlernen Jesu ist zu wenig, wenn nicht erfahren wurde, wer er ist.
So macht diese Bibelstelle auf die begrenzten Möglichkeiten derer aufmerksam, die Jesus vermitteln wollen. Diese haben kein Recht, zornig zu werden und Strafe zu wünschen. Jesus ist viel gelassener gegenüber seiner Ablehnung als die Jünger, obwohl damit ein Kommen und ein eventuell späteres Verkünden der Frohbotschaft schwierig erscheint. Darüber wird kein Wort verloren. Man muss woanders hingehen.
Die Erfahrung der Ablehnung durch solche, denen Jesus fremd ist, begegnet im pastoralen Alltag immer wieder. Die Pfarrkanzleien, die Sternsinger der Dreikönigsaktion, die Mitarbeiter in der Sakramentenpastoral, die Besuchsdienste können viel darüber berichten. Aber nicht Enttäuschungen und Verärgerungen sind angebracht, sondern die Freude und die Faszination am Bewusstsein, zu Jesus zu gehören. Das ist für Christen entscheidend: treu mit Jesus zu gehen. Anderes ist zweitrangig. Sogar der pastorale Misserfolg ist nicht weiter tragisch. Es gibt so viele Dörfer, so viele Menschen, bei denen man willkommen ist. Dort wird es möglich sein, Grenzen zu überwinden. Dort wird ein Verkünden des Reiches Gottes auf fruchtbaren Boden fallen, möglicherweise erst beim dritten Versuch. Eine christliche Konfliktkultur soll daher von Gelassenheit, von einem unbeirrbaren Blick für das Wesentliche und von einer Freude an Christus getragen sein.
Konfliktkultur: Unverständnis - Der zwölfjährige Jesus im Tempel
„Doch sie verstanden nicht, was er damit sagen wollte.“ (Lk 2,50)
Evangelium:
Der zwölfjährige Jesus im Tempel (Lk 2, 41-52)
Der hier angesprochene Konflikt spitzt sich in den Versen 48 und 49 zu. Hier erteilt Jesus seinen Eltern eigentlich eine Abfuhr. Sein Tonfall mag etwas milder klingen, als es heutzutage Heranwachsende ihren Erziehungsberechtigten gegenüber pflegen, aber in der Sache ist er unbeirrbar, ja hart. Maria und Josef müssen die Selbstständigkeit und das Erwachsen-Werden des Sohnes anerkennen. Ihre Sorge und Verantwortung wird relativiert. Sie haben ihre wichtigste elterliche Aufgabe erfüllt. Sie sind mit dem Mündig-Werden des Kindes nicht mehr für dessen Leben letzt-entscheidend.
Die Hauptintention des Textes liegt nicht in der Beschreibung des Ablösungsprozesses eines Jugendlichen von seinen Eltern, dennoch ist dies inbegriffen. Wesentlicher als die Loslösung von der Familie ist die Hinwendung Jesu zu seiner eigenen Berufung. Diese bestimmt die neue Lebensphase, während die Bedeutung der Familie zurücktritt. Dies entspricht „typologisch“ der Situation aller Heranwachsenden. Nur die Einmaligkeit der Personen macht den Unterschied zu ähnlichen Ablösungsprozessen in allen Familien dieser Welt aus. Diese Gedanken greifen für eine umfassende Erklärung dieser Bibelstelle zu kurz, aber für die Suche nach einer christlichen Konfliktkultur sind sie hilfreich.
Die persönliche Berufung, die Gott jedem Menschen schenkt, steht an erster Stelle im Leben. Das gilt es zu berücksichtigen. Ein noch so sorgsam geführtes und geglücktes Familienleben (und wer wollte zweifeln, dass die heilige Familie kein solches „gutes Familienleben“ geführt hätte?) kann bei den einzelnen Familienmitgliedern nicht die Berufung von Gott her ersetzen.
Der Konflikt des zwölfjährigen Jesus wird gelöst, indem die nicht verstehenden Eltern die Sache ohne weiteres Tamtam auf sich beruhen lassen. Maria frisst dieses Problem in sich hinein (sie „bewahrt es im Herzen“) und Jesus bleibt seinen Eltern gehorsam. Von Seiten Jesu bedeutet dies die Anerkennung der elterlichen Autorität.
Aber das Unverstandene bleibt unverstanden. Ein klärendes Gespräch findet nicht statt, die Haltung Jesu macht dies überflüssig. (Das mag jene Erzieher beruhigen, die manchmal sprachlos gegenüber den ihnen anvertrauten Heranwachsenden sind.) Die Eltern können sich auf ihren Sohn verlassen, auch wenn er seine Selbständigkeit und grundsätzliche Unabhängigkeit bewiesen und unmissverständlich bekräftigt hat. Eine Berufung von Gott her ist vorrangig, aber sie rechnet menschlich; sie beinhaltet die Berücksichtigung gesellschaftlicher und familiärer Verhältnisse und Zuordnungen. Der Gehorsam Jesu ist als aufmerksames „Hören“ auf die Eltern, ihre Lebenserfahrung und ihre Fürsorge zu verstehen. Aber jede Autorität muss den grundsätzlichen Vorrang einer persönlichen Berufung anerkennen und jene Freiheit geben, die dafür nötig ist. Dies gilt, auch wenn nicht alles verstanden wird. Erleichtert wird dies, wenn die Erfahrung von Zuverlässigkeit und einem rechten Gebrauch der Freiheit schon gemacht wurde.