Impulstexte zu pastoralen Themen: Normen - Umgang in sorgsamer Gelassenheit
Wie verbindlich sind moralische Normen?
Wer hat das Sagen?
Freiheit, deren positive Seiten nicht hoch genug geschätzt werden können, spielt im heutigen Lebensgefühl eine große Rolle. Dazu werden sittliche, ethische, moralische Normen oft als gegensätzlich, einengend, einschränkend und hinderlich empfunden, vor allem wenn sie klar ausgesprochen und für „verbindlich“ erklärt werden. Unausgesprochene Normen üben jedoch mindestens denselben „gesellschaftlichen Druck“ aus.
Jede Lebensgestaltung orientiert sich an Normen, die in unserer Gesellschaft von unterschiedlichsten Seiten und oft widersprüchlich an den Menschen herangetragen werden. Dieser muss deren Anspruch abschätzen und Entscheidungen treffen. Z.B. dürfen „Gesetze der Wirtschaft“ nicht einfach auf das soziale Zusammenleben übertragen werden: Man würde Menschen auf ihr bloßes „Funktionieren“ reduzieren.
Moralische Normen haben den ganzen Menschen im Blick. Sie beschreiben Handlungen, durch die das Leben des einzelnen und der Gemeinschaft nicht nur in einer momentanen Situation, sondern insgesamt und in letzter Hinsicht glückt. Deshalb liegt auch der Sinn von Normen, die aus dem Glauben hervorgehen, in der Beschreibung einer Lebensweise, die sich an Jesus Christus orientiert: zu dieser „Freiheit in Christus“ sind Christen berufen. (Ein solches Verständnis von Freiheit steht freilich in Widerspruch zu manchen anderen Vorstellungen.)
Christlich gesehen geht es um ein Handeln aus der inneren Überzeugung des Gewissens, nicht um ein äußerliches Befolgen von geboten oder Verboten. Zwischen Gewissen und Norm gibt es jedoch keinen Widerspruch. Denn die Gewissensbildung vollzieht sich an Normen; gleichzeitig erhalten Normen im Gewissen ihre verbindliche Kraft. Wo das nicht eindeutig ist, kommt es auf den konkreten Umgang mit Normen zwischen grundsätzlicher Anerkennung und Relativierung, Beliebigkeit und Enge, „Liberalismus“ und „Fundamentalismus“, Oberflächlichkeit und „i-Punkt-Reiterei“, bei Einzelfällen und im Blick auf die Allgemeinheit an.
Wo der Anspruch von Normen nicht eingesehen werden kann, bleibt das Gewissen die entscheidende Instanz für das Handeln. Daher ist für ein verantwortungsbewusstes Leben eine beständige Bildung des Gewissens notwendig – entlang der Heiligen Schrift, der kirchlichen Tradition sowie menschlicher Erfahrungen und Erkenntnisse –, um die von Gott geschenkte Freiheit immer besser verstehen und leben zu können. Und es braucht Menschen (in der Kirche), die im Umgang mit Freiheit Vorbilder sind und durch ihr ganzes Leben Orientierung geben können.
Was hilft mir bei meiner Gewissensbildung?
Welche Lebensorientierungen aus dem Glauben leiten mich?
Wo fällt es mir schwer, den Sinn einer kirchlichen Norm zu verstehen?
Wie kann die Botschaft der Kirche als Evangelium der Freiheit verständlich werden?
Wie kann es mit anderen zu einem tieferen Gespräch über den Sinn kirchlicher Normen kommen?
Was sind heute Orientierungen für eine hilfreiche, „menschenfreundliche“ und evangeliumsgemäße Sexualmoral?
Welche Anregungen für eine verantwortungsbewusste Gewissensbildung finden Menschen in unserer Pfarre?
Wie können wir in unserer Gemeinde besser mit Aussagen der kirchlichen Tradition vertraut werden, die im allgemeinen einseitig oder gar nicht bekannt sind?
Wie gehen wir in unserer Pfarre mit Menschen um, deren Lebenssituation nicht der „kirchlichen Norm“ entspricht?
Gib mir Einsicht, damit ich deiner Weisung folge und mich an sie halte von ganzem Herzen. Führe mich auf dem Pfad deiner Gebote!