Impulstexte zu pastoralen Themen: Geschwisterlichkeit - eine persönliche und strukturelle Stilfrage
Wie verbunden sind wir?
Wie gehen wir miteinander um?
Geschwister sind verschieden. Sie haben unterschiedliche Begabungen und nehmen verschiedene Positionen in der Geschwisterreihe ein. Ihr Zusammenleben ist nicht immer harmonisch. Es gibt Streit, aber auch Versöhnung, es gibt Gegensätze und Widersprüche, aber auch einen grundlegenden Zusammenhalt, es gibt Spaltungen und Klüfte, aber auch den Auftrag, diese zu überwinden und Brücken zu bauen.
Geschwisterlichkeit ist ein recht neues Wort im kirchlichen Sprachgebrauch. Damit wird ein Grundbewusstsein ausgedrückt, dass Menschen der Familie Gottes auf der Basis gleicher Würde und einer gemeinsamen Berufung miteinander verbunden sind. Dazu gehören jene, die den Willen Gottes tun, d.h. vor allem, die lieben. Diese „Familienmitglieder“ haben einen Vater: Gott, einen „Meister“: Jesus Christus und einen Geist, der sie belebt. Das Grundkriterium für Geschwisterlichkeit ist die Liebe.
Ein Kennzeichen dieser Geschwisterlichkeit ist der Empfang des Heiligen Geistes, der jedem Familienmitglied Gottes gegeben wurde, auch jenen, die gesellschaftlich nichts gelten. Damit entsteht eine neu soziale Wirklichkeit, die Beziehungen in der Kirche wesentlich von gesellschaftlichen Kriterien unterscheidet. Priester und Laien, Frauen und Männer, Jugendliche und Alte, Reiche und Arme gelten (theoretisch?) gleich viel.
Tatsächlich wird diese andere soziale Ordnung in der Liturgie verwirklicht, wo viele gesellschaftliche, nationale, soziale usw. Schranken überwunden werden. Hier ereignet sich zeichenhaft die soziale Neuordnung eines Volkes, in dem die Achtung voreinander (auch vor gesellschaftlich Unbedeutendem) und eine großzügige Hilfsbereitschaft wesentliche Merkmale sind. Das muss sich auch gegenüber „Menschen in schwierigen Situationen“ bewähren, die einen neuen Anfang setzen möchten (z.B. wiederverheiratete Geschiedene, verheiratete Priester ohne Amt usw.).
Wo Geschwisterlichkeit verwirklicht wird, ist Kirche wie ein Fenster, das den Blick frei gibt für eine neue Welt Gottes, die dem „Reich Gottes“ anfanghaft entspricht. Auf andere Art wird dies deutlich, wenn „Geschwisterlichkeit“ auch in strukturellen Gegebenheiten verwirklicht und damit sichtbarer und „glaubwürdiger“ wird. Die Form, die Struktur ist Botschaft, d.h. sie gehören untrennbar zusammen, ohne jedoch identisch zu sein.
In diesem Sinn sind Formen von Beratungen und Entscheidungsfindungen unter möglichst großer Beteiligung aller zu fördern, wobei dies letztlich der Gestaltung des Zusammenlebens und der Suche nach den gemeinsamen Wegen gemäß dem Willen Gottes dient.
Was ist der Wille Gottes für mein Leben?
Wie erlebe ich meine „Geschwister“ in der Kirche?
Wieweit gelingt es mir, die gesellschaftlich verwurzelten sozialen „Rangordnungen“ in meiner Sicht von Menschen abzulegen?
Wie können Außenstehende in der Kirche Geschwisterlichkeit wahrnehmen?
Woran können Menschen merken, dass die primäre soziale Zugehörigkeit von Christen ihre Glaubensgemeinschaft ist?
Wo ist im Sinn von Geschwisterlichkeit mehr Sensibilität im Sprachgebrauch gefordert?
Wo gibt es in unserer Pfarre Nichtbeachtete und Ausgegrenzte?
Wie können wir in unserer Gemeinde Merkmale von Geschwisterlichkeit weiter entfalten?
Wo sind die Chancen und Grenzen des Bildes einer Familie bzw. von Geschwisterlichkeit für die Kirche als Volk Gottes und Leib Christi?
Denn wer den Willen meines himmlischen Vaters erfüllt, der ist für mich Bruder und Schwester und Mutter.