1. Kirche als Volk Gottes Dies ist der theologische Grundansatz für die Anwendung von c. 517 § 2 CIC. Er ermöglicht eine intensivere Beteiligung von Laien auch in der Übernahme von Verantwortung für Kirche vor Ort. Die Beschreibung "Kirche als Volk Gottes" betont die Zusammengehörigkeit, die Mitverantwortung aller Getauften für das Leben und die Sendung der Kirche. Letztlich ist es Gott, der diesem Volk und jedem einzelnen darin zu einem bestimmten Auftrag, zu einem Dienst in der gemeinsamen Mission ruft. In der Diskussion soll weder "Laie" noch "Priester" ideologisierend gesehen werden. Alle Ämter / Beauftragungen sollen ein Dienst in Liebe an der Freude der Menschen sein.
2. Pfarre ist nicht gleich Pfarre Weltweit gibt es große Unterschiede in Größe, Tradition, Verbindung mit kultureller und örtlicher Identität. Auch die Rolle einer Pfarre als kirchlicher Ort in Zusammenhang mit anderen kirchlichen Orten (Schule, Sozialarbeit, Krankenhäuser, Verbände usw. ist weltweit sehr unterschiedlich. Trotzdem gibt es gemeinsame Grundaufgaben für alle Pfarren. Vor allem geht es am Ort immer um Beziehung, Kommunikation, Zusammenarbeit. Canon 515 § 1 CIC: "Die Pfarrei ist eine bestimmte Gemeinschaft von Gläubigen, die in einer Teilkirche auf Dauer errichtet ist und deren Seelsorge unter der Autorität des Diözesanbischofs einem Pfarrer als ihrem eigenen Hirten anvertraut wird."
3. Pfarre als Gemeinschaft von Gemeinden Diese Beschreibung ist grundsätzlich offen, wie groß eine Pfarre ist; in welcher Weise "Gemeinden" konstruiert sind; wie die Koordination bzw. Leitung bzw. "Animation" aussieht; welche Ämter es darin sinnvollerweise gibt; welche Organisations- und Sozialformen hier präsent sind. Es geht um die cura animarum, um das Heil der Seelen. Strukturen sind Hilfsmittel.
4. Die Bedeutung der Formulierungen im Canon 517 § 2 CIC "Wo die Umstände es erfordern..." In der Diskussion während dieser Tagung wurde immer wieder betont, die Anwendung des c. 517 § 2 CIC sollte "temporär" sein. Damit sollte/ könnte gemeint sein, dass die Beteiligten "auf Zeit" beauftragt werden. Für die betroffene Pfarre / Gemeinde kann möglicherweise keine zeitliche Begrenzung vorhergesehen werden, damit die Entwicklung von Katholiken- und Priesterzahlen und deren Konsequenzen für jeden einzelnen Ort nicht unbedingt absehbar sind. C. 517 § 2 CIC soll in einer "Notsituation" angewendet werden. Aber was unter "Not" zu verstehen ist, ist relativ. Je nachdem, was man gewohnt ist, was historisch gewachsen ist, aber sich nun in Richtung Mangel verändert. Hinzuweisen ist auf die Verbindung mit dem "Recht der Gläubigen auf Seelsorge", dem entsprochen werden soll.
5. Die Entwicklung des kirchlichen Rechts - Was sind Grundprinzipien? Wie weit ist die Entwicklung der kirchlichen Rechts auch kirchenpolitisch bestimmt? Sollte es vermehrt partikularrechtliche Entwicklungen geben? - "Das Recht folgt dem Leben." So wird die Entstehungsgeschichte c. 517 § 2 CIC erklärt. Das kann nun auch für zukünftige Entwicklungen gelten. Wenn c. 517 § 2 CIC im Codex von 1983 neu ist, mag er ja ein erster Ansatzpunkt für weitere Entwicklungen in diese Richtung sein. Denn die Zukunft des im c. 517 § 2 CIC genannten "Priestermangels" wird bei uns womöglich sehr lange aktuell bleiben - und sich verstärken. - Es geht um das Heil der Seelen, um die "cura animarum", um die cura pastoralis. Wenn dies jedoch ein Grundsatz ist, sind alle Einzelbestimmungen und übrigen Canones auf diesen Grundsatz zurückzuführen und müssen ihm quasi "dienen" bzw. mit ihm im Einklang stehen. Sie dürften dies nicht durch andere (sekundäre) Argumente behindern. - Das Recht bildet einen Rahmen, der zumeist die Schwächeren oder eben ein "Gut" schützt. Es ist nicht um seiner selbst willen da. Es geht wohl um die Einhaltung einer Ordnung, aber es wäre fatal, diese Einhaltung der Ordnung nur in normierten Formen akzeptieren zu wollen. Es ist eine Stärke des Rechts auch auf Ausnahmesituationen einzugehen bzw. für deren Lösungen Raum zu lassen. Freilich bleibt dann die Spannung bestehen zwischen einer "Ausnahme" und dem Übergang in eine quasi "Normalsituation", was so nicht vorgesehen ist. - Ordnungen, Regelungen u.ä. sind heute noch viel mehr als früher bei ihrer Durchsetzung von der Zustimmung der Betroffenen abhängig, wenn man dies nicht auf gewaltsame Art erreichen will. Es braucht also vernünftige Argumente, Verständlichkeit, Einsicht, Dialog, ein Miteinander.
6. Letztlich kommt es zumeist auf die handelnden Personen an. Wo man vor Ort gut zusammenkommt, geht es gut (auch ohne "Ordnung", die alles bis ins Letzte regelt). Wo man nicht zusammenkommt, "wo die Chemie nicht stimmt", kann keine "Regelung" helfen (höchstens bei einer Konfliktlösung). Es geht also wesentlich um menschliche Qualitäten der beteiligten Personen: um Kooperationsbereitschaft und Teamfähigkeit. Es geht um professionelle Kompetenzen: darum nicht zu sagen, "ich bin der nette XY", sondern "wir haben eine gemeinsame Mission". Es geht auch um spirituelle Kompetenzen. Eine Entfaltung und Anbindung der Spiritualität der Ämter im sinn des II. Vaticanums ist unerlässlich und vielleicht noch intensiver zu entwickeln.