Partikularrechtliche Umsetzung des c. 517 § 2 CIC in deutschsprachigen Bistümern
1. C. 517 § 2 ist erstmals neu im CIC 1983: es geht um die Wahrnehmung und Sicherung von Seelsorge, nicht um Leitung. Beweggründe waren: Es soll feste Ansprechpartner vor Ort für die Seelsorge geben; es soll einen gewissen Respekt vor historisch gewachsenen und lebensfähigen Strukturen geben, die momentan in der Krise sind; und es geht um eine Förderung der Pfarren gemäß dem 2. Vatikanum. Derzeit geht die Anwendung von c. 517 § 2 CIC zurück Es wird mehr die Zusammenlegung von Pfarren bzw. Kooperationen gefördert.
2. C. 517 § 2 CIC ist eine komplexe Norm. Er verdankt sich den positiven Erfahrungen in Südamerika ("das Recht folgte dem Leben"). Die Diskussion um ihn wird problematisch, wenn andere Themen hereingebracht werden, etwa der Zusammenhang zwischen Gemeindeleitung und Eucharistievorsitz, das Thema der Änderung von Zulassungsbedingungen, eine Anfrage an die Zukunftsfähigkeit der Pfarren in ihrer derzeitigen Struktur überhaupt. Der Bischof ist pastor proprius. Er KANN "Leitung" vor Ort delegieren. Der Bischof ist in seiner Entscheidung für eine Anwendung von c. 517 § 2 CIC frei. Der Priester: repräsentiert an Christi statt, er zeigt hierarchische Verbundenheit, gewährleistet den Einklang mit der Gesamtkirche, feiert Eucharistie, er vertritt den Bischof. Die Laien (vom Bischof dazu beauftragt) sollen an der Hirtensorge mitwirken, weil sie durch Taufe an der Sendung der Kirche teilhaben. Sie sind kein Ersatz oder bloß Hilfe für die Priester. Das Zueinander von Priester und Laien: dem Priester kommt Führungsverantwortung und Leitungsvollmacht zu, den Laien die Handlungsverantwortung. Das setzt bei beiden Seiten Kooperationsbereitschaft voraus.
3. C. 517 § 2 CIC wird in Österreich in allen Diözesen außer Graz angewendet, in Deutschland in den meisten Diözesen, in der Schweiz in einzelnen Diözesen, in Italien z.B. in der Diözese Bozen-Brixen. Es gibt zahlreiche Amtsbezeichnungen für den moderierenden Priester: Pfarrseelsorger, Pfarrverantwortlicher, Pfarrmoderator, Pfarrprovisor, Pfarradministrator, Moderator, leitender Priester, zuständiger Priester. (Anmerkung: Die Begriffe Pfarrprovisor und Administrator werden im Kodex allerdings für andere Situationen verwendet.) Amtsbezeichnungen für die beauftragten Laien: Pfarrverantwortlicher, Pfarrassistent, Pfarrkurator, Pfarrbeauftragter, Gemeindeleiter. (Anmerkung: Pfarrverantwortlicher wird damit für beide Seiten verwendet, der Begriff Gemeindeleiter ist ungeeignet und entspricht nicht dem Codex.) Zeitliche Begrenzung: Die Anwendung von c. 517 § 2 CIC soll zeitlich begrenzt und eine absolute Ausnahme sein. Dazu gibt es in unterschiedlichen Diözesen verschiedene Zeiträume: 3, 5, 8-12 Jahre oder unbefristet. In einzelnen Diözesen können auch Ehrenamtliche solche beauftragte Laien sein. Hauptamtliche brauchen für eine solche Beauftragung mehrere Jahre Berufserfahrung. Rechte und Pflichten Vereinbarungen und Transparenz sind wichtig, um Missverständnisse und falsche Erwartungen möglichst zu vermeiden. Leitender Priester: Er hat die Letztverantwortung für die Seelsorge (gegenüber dem Bischof), er ist verantwortlich für die an die Weihe gebundenen sakramentalen Handlungen, er ist (zumeist) Dienstvorgesetzter der beauftragten hauptamtlichen Laien. (Anmerkung: In etlichen diözesanen Ordnungen wird ein Übersetzungsfehler des deutschen CIC übernommen, wo es heißt, die moderierenden Priester ist mit DEN bzw. ALLEN Vollmachten des Pfarrers auszustatten. In der Originalversion des CIC steht ein unbestimmter Artikel, worunter gemeint ist: der moderierende Priester ist mit jenen Vollmachten auszustatten, die situationsgemäß vor Ort notwendig sind. Aufgaben der beauftragten Gläubigen: Verkündigung (Sakramentenpastoral, Predigt bei Wortgottesdiensten), Leitungsdienst (Verwaltung, Vorgesetzte des pfarrlichen Personals), Heiligungsdienst (Benediktionen, Begräbnisdienst, teilweise Taufspendung), Diakonia, Sorge für Koinonia. In der Praxis entsteht der Eindruck, dass die beauftragten Laien die Gemeindeleitung "innehaben". Tatsächlich wird ihnen diese Rolle gerne zugewiesen oder man wächst in sie hinein. So wird es pastoral wahrgenommen. Kirchenrechtlich passt das nicht, es könnte allerdings so geschaffen werden. Mögliche Lösung: Der Priester muss die Pastoral leiten (um das hierarchische Prinzip und die Verbundenheit mit dem Bischof zu gewährleisten), somit hat er die Verantwortung gegenüber dem Bischof und dem Presbyterium. Und der Laie wird vom Bischof beauftragt: das bedeutet mehr als die Zustimmung des Bischofs zu einer von der Pfarrgemeinde vorgeschlagenen Person. Nicht die Pfarrgemeinde legitimiert die Beauftragung, sondern der Bischof. Vertretung in pfarrlichen Gremien: Diese wird diözesan sehr unterschiedlich den verantwortlichen Personen zugeschrieben. Betont wird in allen Diözesen, dass die betroffenen Pfarren entsprechend vorbereitet und dann auch begleitet werden sollen.
4. Ergebnis und Ausblick Die deutschsprachigen Länder waren bezüglich c. 517 § 2 CIC sehr aktiv, es liegt ihnen an Rechtssicherheit für die Beteiligten. Es gibt gut ausgebildete Diakone und Laien für solche Aufgaben. Offen ist die Frage, ob darin eine Tendenz zur Klerikalisierung der beauftragten Laien entspricht. Die Begrifflichkeit und die Vertretung in den Gremien sind nicht wirklich gelöst. Sehr klar ist die Aufgabenbeschreibung, die überall den Absichten von c. 517 § 2 CIC entspricht. Es geht um eine gläubigengerechte Sicherstellung der Seelsorge (Präsenz, eine Pastoral mit Gesicht). In der letzten Zeit neigen die Diözesen vermehrt zu Pfarrzusammenlegungen. Einige bleiben jedoch dabei, nach c. 517 §2 CIC zu agieren, weil sie in ihnen eine Möglichkeit zur pastoralen Gestaltung in Zeiten des Übergangs sehen.
5. C. 517 § 2 CIC ist ein temporal befristetes Planungsinstrument von Bischöfen. Allerdings: C. 517 § 2 CIC ist keine Garantie zur Perpetuierung überkommener Seelsorgestrukturen.
6. Aus der nachfolgenden Diskussion soll hervorgehoben werden: Dieses Modell darf nicht verwendet werden, um die Versorgungspastoral so wie bisher, nur mit anderen Mitteln aufrechtzuerhalten. Man darf nicht die alten Rollen übernehmen. Besser als die Beauftragung einer Einzelperson wird die Beauftragung eines Teams gesehen, wobei die Stellung dieses Teams zum Pfarrgemeinderat klarzustellen ist. Diakone haben eigentlich ein anderes Profil für ihren Beruf, nicht die Übernahme einer Beauftragung gemäß c. 517 § 2 CIC - obwohl sie relativ leicht und gut in dieser Funktion wahrgenommen werden würden.