1. Einige Daten Es gibt 26% Katholiken. Ungefähr 1.050 Hauptamtliche, davon 670 Priester, 70 Hauptamtliche Diakone, 310 Pastoralassisten/innen, die zunehmend für Leitungs- und Vorsteherfunktionen an Bedeutung gewinnen. 15% der Katholik/innen besuchen regelmäßig den Sonntags-Gottesdienst. Dies wird derzeit weniger, ausgelöst durch die Misstrauenskrise angesichts der Skandale um sexuellen Missbrauch. Es gibt eine große Anzahl von ehrenamtlich Engagierten. Etwa die Hälfte der 500.000 katholischen Kirchgänger/innen ist aktiv. Pro Pfarre gibt es ca. 51 Freiwillige, vor allem Frauen. Der Altersdurchschnitt ist allerdings hoch. Einen besonders großen Einsatz gibt es für die Liturgie am Wochenende. Man beobachtet sogar einen Zuwachs von Ehrenamtlichen dort, wo Pfarren offen sind, Mitbeteiligung zulassen und wo Laien Verantwortung übernehmen können, d.h. hier erfolgt eine gewisse Aktivierung. Die Laien fühlen und erfahren sich berufen zu bestimmten Diensten, vor allem in Liturgie und Pastoral. Sie sind bereit für Schulungen und fühlen sich von der Gemeinschaft getragen. Ehrenamtliche sind gegenüber der eigenen Pfarre sehr loyal, aber im Allgemeinen kritisch bei kirchenpolitischen Fragen (heiße Eisen): Stellung der Frau, Bischofsernennungen, Zulassungsbedingungen usw. Doch diese kritische Einstellung hindert sie nicht am Engagement in der eigenen Pfarre. Liturgische Feiern in Gemeinden ohne Priester am Ort sind teilweise deutlich unterschieden, teilweise aber auch zum Verwechseln ähnlich mit Eucharistiefeiern.
2. Entwicklungen in den Bistümern Es werden Pastoralräume eingerichtet, d.h. es erfolgt eine territoriale Vergrößerung des Ortes. Angestrebt wird, dass ein Priester pro Pfarre bzw. pro Pastoralraum zur Verfügung steht. Derzeit sind immer mehr junge Priester eher traditionell eingestellt, haben eine persönliche Beziehung zum Bischof, besonders wichtig ist ihnen die Liturgie. Dabei führen sie eine strikte Reglementierung durch, haben Sorge um die Identität der Eucharistie. Sie schätzen oft nicht das, was es an Lebendigem in den Gemeinden schon gibt. In der Folge bewirken Priester mit einer solchen Einstellung, dass immer wieder Gläubige ihre Beheimatung in der Gemeinde verlieren. Verstärkt wird dies durch den Eindruck, dass die kirchliche Kommunikation vermehrt als Einbahn-Straße von oben nach unten wahrgenommen wird.
3. Fünf Reaktionen auf diese Entwicklung 1) Man geht in Widerstand zum Priester, aber auch zum Bischof. Dieser Weg führt nur zu Frustration. 2) Man hat Heimweh und Sehnsucht nach der guten alten Zeit. 3) Man geht auf Distanz, sucht aber andere Felder für ein persönliches Engagement: Hospiz-Bewegung, Friedens-Bewegung, Schöpfungsverantwortung u.a. 4) Man gruppiert sich um eigene kleine Glaubensgemeinschaften, bleibt aber in der Pfarre. 5) Man findet sich mit der Entwicklung ab, bleibt treu dabei und versucht, "die Nacht auszuhalten", d.h. man will wach bleiben, um die bessere Zukunft früh genug wahrzunehmen.
4) Eine Broschüre von vier Dominikanern über Kirche und Amt Diese Broschüre hat sehr viele Reaktionen ausgelöst. Die Autoren berufen sich auf das II. Vatikanische Konzil. Ausgangspunkt ist der Wunsch, dass die Pfarren eigenverantwortliche Wege im Rahmen des Glaubens, in der Beziehung zu den Hirten der Kirche gehen wollen. Man wünscht dabei eine wöchentliche Eucharistiefeier, gegebenenfalls durch Vorsteher, die aus der Gemeinde stammen und dazu vom Bischof beauftragt werden. In der Eucharistiefeier selbst sollen die Einsetzungsworte von allen Gemeindemitgliedern gemeinsam gesprochen werden: als Glaubensaussage der ganzen Gemeinde. Das Amt liegt beim Volk Gottes. Es wird durch die Gemeinde übermittelt. Die Autoren meinen, hier einen flexiblen Mittelweg vorgeschlagen zu haben. Allerdings wurde dies sofort verurteilt als der Glaubenstradition der Kirche zuwiderlaufend. Verstärkt wird dies durch den Eindruck, den die Broschüre mit dem Rat erweckt: Bei einer Weigerung des Bischofs, vorgeschlagene Kandidatinnen zu bestätigen, möge man selbst aktiv werden... Angeregt durch diese Broschüre haben sich am 10. November 2007 ca. 500 Gläubige aus den ganzen Niederlanden versammelt, um zu überlegen: Wie kann man mit dieser Broschüre kreativ umgehen (wobei es auch Kritik gab)? Wie können Pfarren ohne Priester vor Ort vitale Glaubensgemeinschaften bleiben? Wie kann man neue Initiativen unterstützen? usw.
5. Die Tendenz der katholischen Kirche in den Niederlanden scheint so zu sein: Weihe und Eucharistie sind zentral. Die Glaubensvermittlung geht von oben nach unten. Die Pastoral wird geregelt durch Verordnungen und Gesetze. Aber: Es braucht Regelungen, Strukturen und Ämter, die der Kirche und Welt dienen um des Heils der Menschen willen.