Obwohl im jüdischen Volk das Gebet eine bedeutende und selbstverständliche Rolle gespielt hat, haben die Jünger Jesus gebeten: Lehre uns beten. Sie kommen mit dieser Bitte übrigens zu ihm, nachdem er selbst gebetet hatte (Lk 11,1-2). An anderer Stelle (Mt 6,5-9) warnt Jesus zunächst, sich im Gebet zur Schau zu stellen, bevor er die Jünger das Vaterunser lehrt.
Das Gebet ist Sprache. Das persönliche und gemeinschaftliche Gebet drückt sich in Worten aus. Aber es gibt Erfahrungen, die unaussprechlich sind. Es gibt Wirklichkeiten, die jenseits der Grenze sprachlicher Fassbarkeit liegen. Hier steht dem gesprochenen Wort im Gebet der Ritus zur Seite, der auch Unaussprechliches ausdrücken kann.
- Der Mensch betet mit dem ganzen Körper; alle Sinne sind angesprochen und einbezogen, wobei so manche Weiterentwicklung in der Liturgie diesbezüglich wünschenswert wäre. Beispiele: Schönes sehen, Bilder, Blumen, Kerzen, Kunstwerke; hören, in Stille, auf Musik oder auf ein Lied; der Duft von Weihrauch und Blumen; Bewegungen: gehen, sitzen, stehen, knien, tanzen, Gesten; Berührungen: eine Hand, einen Gegenstand; nur das Schmecken scheint etwas schwierig zu verwirklichen. - Der Intellekt (der Verstand) hat dennoch eine wichtige Rolle im Gebet, vor allem in der persönlichen Reflexion auf das, was geschehen ist und was ins Gebet gefasst werden soll bzw. zum Verstehen dessen, was in der Liturgie vollzogen wird. Beispielsweise ist es wertvoll, die klassische Struktur eines Gebetes zu kennen, damit dies das eigene Gebet befruchtet: Diese beginnt mit der Anrufung Gottes (anaklese), dem schließt sich eine Erinnerung an seine Taten an und das Vertrauen, dass er wieder wirken kann (anamnese). Es folgt der Anlass bzw. das Anliegen des Gebets, das vor Gott getragen wird (epiklese). Dabei wird Gott anvertraut, das zu wirken, was zum Guten wird. Abschließend folgt ein Lobpreis (doxologie) sowie das Amen (so sei es). - Im Gebet kommt der Mensch mit all seinen Emotionen und Gefühlen, ja mit der ganzen Palette dessen, was er in der Seele empfinden kann. Jedes Gefühl soll auch in der Liturgie entsprechend angesprochen werden. Ein Medium dazu sind Lieder. Sie schaffen Atmosphäre, sie bestärken ein Gefühl der Zugehörigkeit, sie nähren den Glauben, wenn sie entsprechend qualitätsvoll sind. - Zu unterscheiden ist das christliche Gebet vom so genannten traditionellen Gebet. Im traditionellen Gebet "gibt" der Mensch etwas an Gott (Opfer, Versprechen) und erwartet dann die Erfüllung seines Anliegens. Im christlichen Gebet hingegeben wird Gott als Gebender anerkannt, dem eine Antwort gebührt (Lob, Handeln). Dies geschieht im Vertrauen, dass er das Anliegen zum Besten führt. (Nach Arnaud Join-Lambert, « Que signifie apprendre à prier ? »