Die Bedeutung katholischer Migrantengemeinden
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass gute zwischenmenschliche Beziehungen glücklicher und gesünder machen. Menschen, die sozial gut vernetzt sind, leben länger als Personen, die nur wenige soziale Beziehungen haben. Einsamkeit hingegen ist sehr schädlich für die Gesundheit – und überhaupt.
Wenn man aber in ein anderes Land zieht, nimmt man dieses wichtige und stützende Umfeld nicht mit und man hat zuerst einmal niemanden. Hinzu kommt, dass die Leute in der neuen Umgebung kulturell anders ticken oder sogar eine andere Sprache sprechen. Beides macht es schwer, am neuen Ort neue Beziehungen zu knüpfen.
Dieser Prozess der Ablösung vom alten sozialen Umfeld und der Integration in ein neues unbekanntes Umfeld wird von vielen als sehr schmerzhaft empfunden.
Aus Herausforderungen wachsen Bedürfnisse
Migration ist also nicht einfach. Die Einsamkeit ist nur eine von vielen Herausforderungen, auf die Migrantinnen und Migranten hier treffen. Weitere Herausforderungen sind:
Wenn man sich in die Situation von Zuwanderern hineinversetzt: Wo würde man mit diesen Bedürfnissen hingehen? – Es gibt einige Möglichkeiten, wo man solche Bedürfnisse befriedigen kann: am Arbeitsplatz, im Kulturverein, im Sportclub… usw.
Aber auch religiöse Gemeinschaften sind hierfür sehr gut geeignet, denn sie sind genau auf solche Bedürfnisse spezialisiert. In vielen religiösen Gemeinschaften gibt es:
Prozesse der sozialen Integration
Diese Ressourcen werden nicht nur in Migrationsgemeinden bereitgestellt, sondern auch in normalen Territorialpfarreien. Die Schwierigkeit besteht für Migrantinnen und Migranten in den Pfarreien jedoch darin, dass diese sozialen Unterstützungsleistungen durch andere Menschen vermittelt werden, die man eben noch nicht kennt. Das bedeutet, dass sie zuerst andere Gemeindemitglieder kennenlernen oder Teil der Gemeinde werden müssen, bevor sie von ihnen unterstützt werden können.
Aber selbst wenn eine Person jeden Sonntag den Gottesdienst besucht, bedeutet dies noch lange nicht, dass sie deswegen mit vielen Gemeindemitgliedern in Kontakt kommt. Sie wird erst dann von sozialer Unterstützung wie Wertschätzung, Geborgenheit oder emotionaler Nähe profitieren können, wenn sie mit anderen Menschen vertrauensvolle Beziehungen aufbaut.
Doch die soziale Integration in eine Gemeinschaft ist gar nicht so einfach.
Meiner Ansicht nach spielen beim Prozess der sozialen Integration zwei Typen von Menschen eine entscheidende Rolle: „Türöffner“ und „soziale Rezeptoren“.
Türöffner:
Personen, die so aktiv auf Neulinge zugehen, nenne ich Türöffner.
(Vielleicht waren Sie schon einmal in einer Freikirche. Dort ist das Amt des Türöffners oft institutionalisiert. Es gibt Menschen die Badges tragen oder am Eingang stehen und jeden begrüßen, der kommt. Mit so einer Ansprache ist bereits eine erste Kontaktaufnahme geschehen und das Eis schon ein bisschen gebrochen. Das erleichtert die Integration in die Gemeinde sehr.)
Türöffner sind jedoch nicht das einzige, was es braucht, damit ein Neuankömmling Teil einer Gemeinschaft wird.
Soziale Rezeptoren:
Es braucht in einer Gemeinschaft auch soziale Rezeptoren, also Menschen, die Migrantinnen und Migranten so-wie-sie-sind in ihren Freundeskreis aufnehmen und über die Gottesdienste hinaus eine Beziehung mit ihnen pflegen.
„So-wie-sie sind“: das bedeutet mit all ihren sprachlichen, kulturellen und religiösen Eigenheiten.
Oft wird gesagt: Migranten sollen sich so schnell wie möglich einheimische Freunde suchen.
Doch das bedeutet, dass es gleichzeitig einheimische „Rezeptoren“ geben müsste, die Zuwanderer in ihren Freundeskreis aufnehmen, selbst wenn sie noch nicht perfekt in unsere Gesellschaft integriert sind und unsere Sprache noch nicht beherrschen. Doch solche Menschen sind selten. Deswegen sind andere Migrantinnen und Migranten in der Regel viel bessere Rezeptoren. Schon deswegen, weil sie selber auf der Suche nach sozialem Anschluss sind.
Die Bedeutung soziokultureller Unterschiede
Eine persönliche Erfahrung: Ich gehe nun seit vielen Jahren am Sonntag in den katholischen Gottesdienst. Und dennoch habe ich dort noch kaum je mit einer Person geredet, die ich nicht schon vorher kannte. - In Migrantengemeinden ist das anders. Schon beim ersten Mal, als ich den englischsprachigen Gottesdienst besucht habe, ist der zuständige Pastoralassistent auf mich zugekommen und hat sich mir vorgestellt.
Allein dieses Beispiel zeigt, dass in Migrationsgemeinden ein anderer sozialer Umgang herrscht.
In einer normalen Pfarrei besuchen viele einfach den Gottesdienst und gehen danach wieder nach Hause. Migrationsgemeinden sind dagegen eher wie kleine Familien, wo man sich kennt, miteinander plaudert und nach dem Gottesdienst noch etwas zusammen unternimmt.
Dazu kommt, dass die meisten Pfarreien nicht auf die spezifischen Bedürfnisse von Migrantinnen und Migranten spezialisiert sind. Die Migrationsgemeinden hingegen, sind genau auf diese Bedürfnisse spezialisiert, weil sie sich schon Jahre lang mit deren Herausforderungen auseinandergesetzt haben.
Ein weiterer Aspekt sind die religiösen Unterschiede. Selbst wenn Zuwanderer und Einheimische beide konfessionell katholisch sind, bedeutet das noch lange nicht, dass sie auch an dasselbe glauben und dieselben Werte teilen. Vielen Migrantinnen und Migranten fällt es sehr schwer, die Religiosität der Österreicher/Schweizer/Deutschen zu verstehen, weil wir hier viel stärker von der Aufklärung geprägt und viel stärker Individualisiert sind, als dies in anderen Ländern der Fall ist. Selbst, wenn jemand konfessionell katholisch ist, bedeutet das zum Beispiel noch lange nicht, dass er der katholischen Lehre in jedem Bereich zustimmt. Für Personen, die aus einem anderen kulturellen Kontext stammen, kann dies sehr verwirrend sein.
Weltweit gibt es nur eine katholische Kirche. Aber nicht alle Katholiken sind in soziokultureller Hinsicht genau gleich. Manche pflegen einen charismatischen Frömmigkeitsstil, andere einen traditionellen. Manche sind (kirchen-)politisch eher liberal andere eher konservativ.
Je nach Herkunftsland und -region existieren auch Unterschiede in Bezug auf die Sprache und die religiöse Kultur. Betrachtet man die Kirche in ihrer Gesamtheit, findet man sogar Personen, die gegenteilige Ansichten vertreten.
Wenn die kulturellen und religiösen Unterschiede zwischen einer Person und einer Gemeinde zu groß sind, wird ihr die soziale Integration darin schwer fallen.
Soziokulturelle Unterschiede sind auch ein wichtiger Grund dafür, wieso viele Migrantinnen und Migranten das Gefühl haben, dass sie sich in Migrationsgemeinden einfacher integrieren können als in den Territorialpfarren. In ihren eigenen Gemeinden treffen sie eher auf Personen, die ihnen in kultureller und religiöser Hinsicht entsprechen.
Sowohl die fremdsprachigen Gemeinden als auch die Pfarreien müssen heute Wege finden, um mit der internen Pluralität der katholischen Kirche umzugehen, damit möglichst alle Gläubigen eine soziale und spirituelle Heimat finden.
In großen Migrationsgemeinden bilden sich oft soziokulturelle Untergruppen, die in sich wieder etwas homogener sind: Die Charismatiker treffen sich beispielsweise am Dienstag in der Kapelle, die Intellektuellen im Untergeschoss. Die Rosenkranzgruppe kommt am Freitag und die Jugendlichen treffen sich am Samstag …
Zusammenfassung
Wenn eine Person aus einem anderen Land kommt, ist sie hier in der Regel mit
vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Durch diese Herausforderungen entstehen migrationsspezifische Bedürfnisse. Zu den wichtigsten Bedürfnissen Aspekte wie: Geborgenheit, Gemeinschaftsgefühl, Familienersatz, emotionale Wärme, spiritueller Halt, Lebenssinn und Heimatgefühl. Das sind alles Bedürfnisse, die schwer messbar oder auch nur in Worte zu fassen sind. Sie sind aber für einen Menschen sehr wichtig.
Viele Migrantinnen und Migranten suchen nach Orten, wo sie diese Bedürfnisse befriedigen können. Wenn sie katholisch sind, versuchen sie das nicht selten zuerst in der nächstgelegenen Pfarrei. Manchmal klappt das auch sofort und sie fühlen sich hier wie zu Hause.
Aber vielen fällt es in den hiesigen Gemeinden schwer, sozialen Anschluss zu finden. Aus diesem Grund sind fremdsprachige Gemeinden so wichtig. Hier gelingt der soziale Anschluss oft besser. Zudem verfügen diese Gemeinden über jahrelange Erfahrungen mit Migranten, wissen genau über deren Bedürfnisse Bescheid und haben entsprechende Angebote für sie etabliert.
Wenn es keine fremdsprachigen Gemeinden gibt, oder wenn die Integration dort nicht klappt, gehen die Gläubigen nicht etwa zurück in die Pfarrei, sondern sie verlieren oft den Bezug zur katholischen Kirche und versuchen ihre Bedürfnisse an anderen Orten oder in anderen Gemeinschaften zu stillen. Viele Migrantinnen und Migranten waren sogar im Herkunftsland in der katholischen Kirche engagiert, hier jedoch haben sie jeden Bezug zur Kirche verloren. Oft geschah dies, weil sie nicht einmal wussten, dass es eine fremdsprachige Gemeinde für ihre Sprachgruppe gibt.
Für die Zukunft ist es daher wichtig, dass auch die Territorialpfarreien eine gewisse Sensibilität für Migranten und deren Bedürfnisse entwickeln. Wenn man dort wahrnimmt, dass sich eine neue Person nicht wohl fühlt, dann sollte ihr dabei geholfen werden, entweder innerhalb der Pfarrei oder in einer geeigneten Migrationsgemeinde sozialen Anschluss zu finden.
Gekürzt und bearbeitet aus dem Artikel von Simon Foppa, Kirche im Zeitalter der Migration:
Wer als Soldat im Dienst des Vaterlandes steht, betrachte sich als Diener der Sicherheit und der Freiheit der Völker. Indem er diese Aufgabe recht erfüllt, trägt er wahrhaft zur Festigung des Friedens bei. (Gaudium et Spes, 79)
Seelsorge in einer besonderen Situation
Militärseelsorge ist erforderlich, weil immer eine große Zahl von jungen Männern und Frauen, als Hüter und Schützer menschlicher Grundwerte in internationaler Verantwortung, unter besonderen Lebensbedingungen, ihren Dienst leisten. Die Eigenart und die speziellen Anforderungen des militärischen Dienstes werfen für sie naturgemäß auch besondere Lebens- und Gewissensfragen auf. Zu ihrer Bewältigung bieten die Militärseelsorger die Botschaft des christlichen Glaubens und ihre persönliche, seelsorgliche Hilfe an.
Die Aufgaben der Militärseelsorge sind anders geartet als die herkömmliche Gemeindeseelsorge. Als Seelsorge an den Heeresangehörigen und deren Familien wirkt sie gewissermaßen im Umfeld einer Sondersituation.
Die Militärdiözese wirkt auch dort, wo österreichische Truppen für den Frieden im internationalen Einsatz stehen.
Im Auftrag der Kirche
Militärseelsorger haben ihren Auftrag von der Kirche und üben ihre Tätigkeit im eigenen Verantwortungsbereich als Teil der kirchlichen Gesamtarbeit aus. Aus Gründen der österreichischen Tradition sind unsere Seelsorger zwar in die militärische Struktur eingegliedert, unterstehen aber in kirchlichen Belangen dem Militärbischof.
Die Uniform, die sie tragen, bringt ihre Zugehörigkeit zu den Heeresangehörigen und damit die Solidarität mit ihnen zum Ausdruck.
Die verantwortliche Mitarbeit der Laien in den Militärpfarren ist durch den Pfarrgemeinderat, die Arbeitsgemeinschaft Katholischer Soldaten, sowie auf Diözesanebene durch den Pastoralrat sichergestellt. Diese fördern und koordinieren die apostolische Arbeit in der Militärseelsorge und wollen die Grundanliegen des Laienapostolats in ihren Tätigkeitsbereichen verwirklichen.
Die Militärdiözese wird von einem Militärbischof geleitet. In seinem Dienst stehen ihm der Militärgeneralvikar, beratende Gremien, Bischofsvikar(e), Militärpfarrer, Militärdiakone, Pastoral- assistent(-inn)en, Sekretär(-inn)e(n) und zahlreiche Laien zur Seite.
Seelsorge mit Geschichte
Die Militärseelsorge ist eine der ältesten Seelsorgeformen. Mit Beginn des 16. Jahrhunderts finden wir die Sorge der Kirche um den Berufsstand der Soldaten bereits institutionalisiert. Neu geregelt wurde die Katholische Militärseelsorge durch die Apostolische Konstitution "Spirituali Militum Curae" vom 21. April 1986. Durch sie erfolgte die rechtliche Angleichung des Militärordinariates an die territorialen Diözesen unter Beachtung des Konkordates zwischen dem Hl. Stuhl und der Republik Österreich.
(Quelle: nach der Website des Österreichischen Militärordinariates)
Links:
Militärordinariat www.mildioz.at
aus: Otto Neubauer, Mission Possible. Praxis-Handbuch für Dialog und Evangelisation, Freiburg (Herder) 2018
Für seine Mission bereitet Christus seine Jünger und schickt sie aus.
Daraus ergeben sich zwei universale Aufträge an die Kirche.
Erstens: Die ganze Kirche – jeder einzelne Christ – ist Träger der Mission. Zweitens: Die ganze Welt – alle Geschöpfe – ist Ziel der Mission. (S. 38)
Bekehrung heißt: Hinwendung zu dem, der die Liebe ist – zu Gott.
Diese Hinwendung muss zugleich eine Hinwendung zum anderen sein.
Sein Wohlergehen hier und sein Heil im Haus des Vaters sind in der Mission nicht voneinander zu trennen. (S. 41)
Es gibt viele Aspekte des christlichen Glaubens.
Am wichtigsten aber ist die Liebe.
Nur von ihr her erklärt sich alles Weitere. (S. 53)
Liebe muss konkret werden.
Nur wer sich dem anderen öffnet, auf ihn zugeht, liebt. (S. 53)
Missionierung vollzieht sich in erster Linie
nicht durch die Verkündigung von Prinzipien, Lehren oder Werten,
sondern durch unsere liebende Nähe zu den Menschen. (S. 71)
Missionieren heißt Brücken schlagen zu Menschen,
die anders, mitunter sogar feindlich sind.
Ein inneres Verstehen für die anderen führt dazu,
selbst denen Gutes tun zu können, die uns hassen. (S. 78)
Deswegen ist die Verkündigung in Form eines respektvollen Dialogs so essenziell, weil es nicht nur dem Heiligen Geist Raum gibt zu wirken, wie er will,
sondern auch großzügig anerkennt, wo er wirkt. (S. 78)
Die dem anderen entgegengebrachte Achtung schließt aber auch ein,
dass ich vielleicht mit einer expliziten Wortverkündigung warte
bzw. unter bestimmten Bedingungen darauf verzichte
oder einfach eine mögliche Ablehnung respektiere.
Eine wachsende Liebe vertreibt jedenfalls die Angst, auf alle Menschen zuzugehen, auch wenn uns ihr Leben fremd oder gar moralisch verwerflich erscheinen mag. (S. 79)
Überhaupt baut die Logik der Evangelisierung nicht auf Programme und Strategien auf, sondern indem man lernt, Gastfreundschaft zu gewähren, Menschen „willkommen zu heißen“,
geschwisterlich mit anderen zu leben. (S. 83)
Der Verzicht darauf, den anderen zu belehren, ist kein Verzicht auf die Wahrheit.
Wenn wir dem Nächsten dienen, dienen wir auch der Wahrheit,
die uns in Christus entgegenkommt und die sich in der Liebe ausweist. (S. 85)
Jede Verkündigung muss durchsichtig auf das Lebenszeugnis dahinter sein.
Auf den Punkt gebracht heißt das: Ein Christ, der nicht dienend liebt, kann nicht adäquat Christus als Wahrheit bezeugen.
Wo aber Christen mit Freude dienen, erschließt sich die Wahrheit wie von selbst.(S. 86)
Wenn wir aus Liebe zum anderen missionieren wollen, brauchen wir alle drei: die Bitte um den Heiligen Geist, die Anbetung und die Fürbitte. (S. 99)
Die Kirche ist dazu da, den Menschen in die Barmherzigkeit Gottes zu führen. (S. 101)
Missionsarbeit konfrontiert uns mit der realen Welt,
in der Hass und Ungerechtigkeit nicht auszurotten sind.
Und trotzdem ist die Auferstehung überall am Werken und Werden. (S. 109)
Es kommt auf die Leidenschaft an, die wir für ein Anliegen aufbringen. (S. 119)
Die Grunddynamik jeder Mission ist: mit Leidenschaft etwas für andere tun. Bei Projekten in Pfarrgemeinden passiert Mission MIT der Pfarrgemeinde und nicht bloß FÜR die Pfarrgemeinde. (S. 119)
Mit der Frage „Wo würde Jesus heut in unserer Gemeinde hingehen?“ entdecken Gemeinden aus sich heraus eine missionarische Perspektive und bekommen den Mut, schützende Kirchenmauern zu verlassen. (S. 122)
Wer anderen eine Begegnung mit Christus ermöglichen möchte, begegnet auf einmal selbst Christus
– wenn er ein Zuhörender anstatt eines Belehrenden wird. (S. 123)
Kein Ort soll als gottfern gelten. (S. 123)
Die Menschen, denen wir begegnen, gehören uns nicht. (S. 124)
Die Freude der Liebe schenkt sich einfach und verzweckt niemanden. (S. 124)
Die besten Dinge im Leben, die wir geben können, sind absichtslos:
Liebe, Freude, das Mitgefühl, Verständnis, Beheimatung …
Mission hat die paradoxe Dynamik,
dass wir zielstrebig unsere Absicht umsetzen,
Brücken zu bauen, Beziehungen zu stiften,
in denen sich das Absichtslose ereignen kann. (S. 125)
Mission ist immer ein Beziehungsgeschehen zwischen Menschen und zwischen Gott und Mensch. (S. 176 Franz Helm)
Mission ist ein „Sich-Verbünden“ mit Gott, der schon vielfältig am Wirken ist in der Welt durch den Einsatz für das Leben, der an vielen Orten geschieht. Da gilt es mitzumachen! (S. 179 Franz Helm)
Die säkulare Gesellschaft gibt uns heute wirklich die Chance, Mission wieder mehr dialogisch zu verstehen. (S. 185 Franz Helm)
Für mich ist das Trinitarische bei der Mission so wichtig:
Gott ist der Schöpfer, der die ganze Welt geschaffen hat.
Jesus Christus, der Sohn Gottes, schafft die Brücke zwischen Gott und Mensch. Gott wird Mensch.
Heilsgeschichte und weltliche Geschichte sind eng miteinander verwoben und dürfen nicht getrennt werden. Gott ist in dieser Geschichte am Wirken.
Da kommt der Heilige Geist ins Spiel, der immer schon am Werk ist….
Dieses theologische Bewusstsein braucht es. (S. 186 Franz Helm)
Praktisch heißt das: Es braucht in der Mission einen positiven und wertschätzenden Blick auf die Welt. Menschen müssen in ihrer Kultur und in ihrem Leben ernst genommen werden. Dazu braucht es die unbedingte Achtung der persönlichen Freiheit des anderen, die wie ein Heiligtum zu respektieren ist. (S. 186 Franz Helm)
Wenn Mission grundlegend ein Beziehungsgeschehen ist, dann muss ich mit Menschen Beziehung aufbauen. Ich darf durch sie erfahren, dass mir Gott begegnet, weil der andere Bild Gottes ist. Ich darf in der Begegnung darauf vertrauen, dass Gott da ist und durch mich etwas, das er wirken will, ins Spiel kommt. (S. 186/187 Franz Helm)
Fragen der Gerechtigkeit, der Versöhnung und der Menschenwürde aller Menschen, gleich welcher Herkunft und sozialer Schicht, sind wesentliche Fragen der Mission. (S. 187 Franz Helm)
Wenn das so ist, muss Mission Dialog sein, muss das Teilen von Glauben aus Liebe passieren. (S. 187 Franz Helm)
Wir wachsen auf eine Weise, die wir selber oft gar nicht wahrnehmen können. Und weil es Gott ist, der wachsen lässt, greifen tatsächlich rein weltliche Maßstäbe nicht, wenn wir den Erfolg unserer Mission messen wollen. (S. 219)
Wachstumsmotor der Christenheit sind derzeit fast immer „Small Christian Communities“ in Gemeinden mit starker Ausrichtung auf die Armen und mit anziehenden, lebendigen Gottesdiensten. (S. 220)
Kirche ist wesentlich Dienstinstrument für die Welt und nicht Selbstzweck für die Gemeinde. (S. 227)
Auf einer ökumenischen Konferenz in Augsburg (4.-7.1.2018) wurde ein Mission-Manifest lanciert:
www.missionmanifest.online/#thesen
Comeback der Kirche? - Fragen an das Mission Manifest (von Lucia Greiner)
--> Artikel
Auf dem Weg zu einer missionarischen Diözese
Dominique Rey
Aus: Walter Krieger, Balthasar Sieberer(Hg.), Missionarisch Kirche sein, Wagner Verlag Linz 2008
Voraussetzungen:
Neuevangelisierung bzw. die Grundlage für eine missionarische Gemeinde braucht eine Umkehr, eine Wende.
(Kurzzusammenfassung eines Textes vom Johannes Reimer)
Missionarische Pfarre
Man kann unter „missionarische Pfarre“ zwei verschiedene Wirklichkeiten verstehen: Das eine ist eine Pfarre, die missionarische Aktionen macht, das andere ist eine Pfarre, die missionarisch auch im Alltag lebt. (Natürlich gibt es Pfarren, die beides verwirklichen.)
Um eine missionarische Pfarre zu werden, braucht es verschiedene Voraussetzungen:
Man muss damit rechnen, dass dies ein langer Prozess ist. Veränderungen bzw. Umkehr geschehen nicht so schnell. Sie brauchen eine Vision, auf die man Schritt für Schritt zugeht. Es braucht Geduld, Beharrlichkeit, eine Leidenschaft für partizipative Prozesse, einen langen Atem und die Aufmerksamkeit für die vielfältigen missionarischen Bruchstücke, die bereits existieren. Man muss auch bereit sein, unbequeme Initiativen zu akzeptieren – ganz in dem Sinn: „Prüft alles, behaltet das Gute“ (1 Thess 5,21).
(zusammengefasst nach: Christian Hennecke, Paroisses missionnaires, in: Lumen vitae. Revue international de catéchèse et de pastorale, September 2018, S. 309-319)
Wähle deine Einstellung
Man hat immer die Wahl, wie man seine Arbeit machen will, auch dann, wenn man sich die Arbeit nicht selbst aussuchen kann.
Spielen
Man kann seine Arbeit ernst nehmen und trotzdem mit Spaß herangehen: eben „spielen“ nicht verkrampfen, die Dinge etwas laufen lassen, vertrauen in eigene Kraft und die Zuverlässigkeit der Mitwirkenden.
Anderen eine Freude machen
Man sucht nach Möglichkeiten, bei den Menschen gute Erinnerungen zu hinterlassen; gut, wenn man sie einbeziehen kann. Wenn es gelingt, haben sie – und wir – einen schönen Tag.
Sei präsent
Was jetzt geschieht, der Mensch, der dir jetzt gegenüber ist: das ist in diesem Augenblick das Wichtigste auf der Welt. „Die Vergangenheit ist vorbei. Die Zukunft kommt erst. Das Heute ist ein Geschenk.“
(Literturtipp: Stephen C. Lundin / Harry Paul, Fish!)
Ich schlief und träumte, das Leben sei Freude.
Ich erwachte und sah, das Leben war Pflicht.
Ich handelte, und siehe, die Pflicht war Freude.
(Rabindranath Tagore)
Denkt daran, es gibt nur eine wichtige Zeit und die ist jetzt. Der gegenwärtige Augenblick ist die einzige Zeit, über die wir verfügen.
Und die wichtigste Person ist immer der Mensch, mit dem Ihr beisammen seid, der unmittelbar vor Euch steht, denn wer weiß, ob Ihr in Zukunft mit irgendeinem Menschen zu tun haben werdet?
Und die wichtigste Aufgabe besteht darin, den Menschen an Eurer Seite glücklich zu machen.
Das allein ist Sinn und Zweck des Lebens.
(Leo Tolstoi)
Eine Erneuerung der Mystagogie steht an (vgl. Evangelii Gaudium 166).
Im engen Sinn beschreibt Mystagogie quasi die letzte Phase des Katechumenats. Nach der Taufe – vorwiegend in der Osternacht – folgt eine Phase der Glaubensvertiefung, die bis Pfingsten dauert.
Die Neugetauften leben noch sehr stark aus dem Erlebnis und der Erfahrung ihrer Taufe, mit der sie Vollmitglied der christlichen Gemeinschaft geworden sind. Auch wenn sie vieles im Katechumenat erfahren und schon im christlichen Sinn gelebt haben, sind sie Anfänger im Glauben. Die Phase der Mystagogie will einerseits die Begeisterung des Anfangs wachhalten, andererseits auf die nächsten Schritte hin zu einem christlichen Alltag vorbereiten. Es ist Aufgabe der ganzen christlichen Gemeinschaft, die Neugetauften zu begleiten.
Und ohne diese Gemeinschaft besteht die Gefahr, dass auch noch so motivierte und begeisterte Neugetaufte keinen wirklichen Anschluss an das christliche Leben finden. Deshalb ist eine vorrangige Aufgabe dieser Phase der Mystagogie, dass Neugetaufte Beziehungen zu Christen, zu christlichen Gruppen, zu Gemeinschaften aufbauen und darin dauerhaft Bestärkung, Motivation und Freude am Glauben erfahren.
Ebenso wesentlich ist es, die eigenen Haltungen und Handlungen am Beispiel Jesu Christi auszurichten, Tugenden zu üben und eine alltagstaugliche, persönliche, authentische Spiritualität zu entfalten. Eine solche Phase der Mystagogie orientiert sich an Jesus Christus. Ganz bewusst will man ihm begegnen in der Heiligen Schrift, an seinem Lebensbeispiel, im Gespräch / Gebet mit ihm, in seiner Gegenwart in der Gemeinschaft der Gläubigen und in jedem Nächsten, dem man in einer besonderen Situation begegnet. Dabei geht es um keinen Perfektionismus und keine Übertreibung in Frömmigkeit oder Altruismus, sondern um jene Form der Jesus-Beziehung, die sich oftmals ergibt, die man sucht und die man immer wieder finden kann. Die Zeit der Mystagogie ist eine Gelegenheit, dies zu entdecken, auszuprobieren und die persönliche christliche Identität auszuprägen.
Wie man diese Zeit der Mystagogie am besten gestaltet, dafür gibt es kein Patentrezept. In der Tradition der alten Kirche gab es wöchentliche Treffen (am Sonntag), bei denen den Katechumenen besondere Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Sie saßen im Gottesdienst an einem besonderen Platz, sie wurden gesondert begrüßt, an sie richtete sich die Homilie entlang der Lesungen des jeweiligen Lesejahres (wobei man speziell für sie die Lesungen des Lesejahres A verwendete, auch, wenn Lesejahr B oder C angesagt waren).
Während für den Katechumenat die Zeit der Mystagogie zu Pfingsten nach der empfangenen Taufe quasi abgeschlossen ist, ist das christliche Leben jedoch ein Weg, über den man sich immer wieder neu freuen soll. In diesem Sinn ist Mystagogie nie abgeschlossen, sondern eine Chance, das christliche Leben und die Quellen, aus denen man schöpft, immer wieder zu erneuern. Es geht um eine Dynamik des Christ-Werdens, die durch mystagogische Zeiten immer wieder vertieft wird.
In der alten Kirche war die Begleitung von Neugetauften in der Zeit von Ostern bis Pfingsten eine gute Gelegenheit für alle Christen, diese zu begleiten bzw. sich selbst neu bewusst zu werden, welchen Wert und welche Bedeutung der Glaube in all seinen Dimensionen hat.
Mit der Zeit wurde das liturgische Jahr / das Kirchenjahr entwickelt. Die besonders geprägten Zeiten sind eine Einladung zu Glaubenserneuerung bzw. Glaubensvertiefung, besonders Fastenzeit und Osterzeit, aber auch Advent und Weihnachtszeit. Die Traditionen von Ortskirchen bieten viele Möglichkeiten. Wesentlich ist jedoch, nicht bloß Gewohnheiten zu folgen, sondern persönliche Schritte zu tun. (Das kann natürlich auch zu anderen Zeiten bzw. bei vielen Anlässen der Fall sein.)
Die Erfahrung von Mystagogie und die Bestärkung im Glauben führen zu den nächsten Schritten: den Glauben zu leben, ihn durch das eigene Leben zu verkünden sowie bereit zu sein, Auskunft zu geben: über persönliche Erfahrungen und darüber, was der Glaube, was die Beziehung zu Jesus Christus bedeutet.
Gebet
Schritt für Schritt, o Herr, öffnet sich der Weg vor uns.
Wie ein Pilgerweg führt er zur Begegnung mit dir.
Hilf uns, die Hilfe anzunehmen, die du uns zukommen lässt
durch jeden Wegbegleiter und deren Zeugnis,
dass du auf diesem Weg immer mit uns bist.
Wir dürfen von dir wissen und deine Spuren immer wieder erkennen.
Hilf uns,
den Traum einer erneuerten Menschheit ein Stück weit zu verwirklichen
in dem Sinn, dass dein Reich der Liebe, der Barmherzigkeit,
der Gerechtigkeit und der Solidarität
mitten unter uns immer größer wird.
Schenke uns dazu die Sehnsucht, die Energie, die Neugier und die Begeisterung –
der du mit uns bist alle Tage unseres Lebens.
Amen.
Neue Evangelisierung
(nach einem Vortrag von Prof. McGrail, Chichester 19.5.2016)
Idee – Projekt – Perspektive
Es war Johannes Paul II., der bei der Generalversammlung der Lateinamerikanischen Bischöfe (9.3.1983) den Begriff „neue Evangelisierung“ – und zwar bewusst in Abgrenzung zu einer „Re-Evangelisierung“ – als neuen Schlüsselbegriff für das Leben der Kirche verwendet hat. Es geht ihm um eine neue Leidenschaft, um neue Methoden, um neue Formen des Ausdrucks und der Verwirklichung der Botschaft des Evangeliums.
So wie er es meint, schließt er sinngemäß an das 2. Vatikanische Konzil an:
„Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen seinen Widerhall fände.“ (GS 1)
„Tatsächlich klärt sich nur im Geheimnis des fleischgewordenen Wortes das Geheimnis des Menschen wahrhaft auf… Christus … macht eben in der Offenbarung des Geheimnisses des Vaters und seiner Liebe dem Menschen den Menschen selbst kund und erschließt ihm seine höchste Berufung.“ (GS 22)
Durch Christus, durch das Maß-Nehmen an ihm, entdeckt der Mensch sein wahres Mensch-Sein – und strebt danach, es zu verwirklichen. Das ist der Sinn jeglicher – neuen oder ständigen – Evangelisierung.
Johannes Paul II. unterscheidet drei Bereiche für die neue Evangelisierung.
- In einer Sendung zur Welt sind Menschen, Gesellschaften und Kulturen im Blick, die nicht an Christus glauben und das Evangelium noch nicht kennen gelernt haben.
- Es geht um das persönliche Zeugnis von Christen, die in ihrer Umgebung durch ihren Lebensstil das Evangelium konkretisieren.
- Und es geht um eine Einladung im Sinn neuer Evangelisierung für jene Getauften, die sich praktisch vom Evangelium und von der Kirche entfernt haben.
Implikationen
Jegliche Evangelisierung ist eigentlich neu, weil es um eine stets neue Situation geht, in der auf das Wort Gottes gehört wird. Eine Verkündigung des Evangeliums ist keine Methode oder Technik, sondern immer eine einmalige, unwiederholbare, gnadenhafte Begegnung zwischen einer Person, die spricht, einer Person, die hört, und einem, der darin Leben fördert: dem Heiligen Geist.
Doch es muss grundsätzlich keine Gesprächssituation sein. Es kann sich auch um eine Begegnung handeln, in der ein Mensch handelt und ein anderer dieses Handeln (tiefer) versteht, weil der Heilige Geist mittendrin ist.
(Neue) Evangelisierung ist niemals ein abstraktes Konzept, sondern ereignet sich in einem konkreten Kontext einer Begegnung zwischen Mensch und Mensch. Diese Begegnung ist mehr oder weniger deutlich eingebettet in eine Gemeinschaft, die auf Gott hört.
Fokus: den Menschen nahe sein
Eine (neue) Evangelisierung ist dazu da, Leben zu fördern, und zwar vorrangig die Lebensperspektiven der „Armen und Bedrängten aller Art“ (GS 1). In diesem Sinn bezieht sich die Verkündigung des Evangeliums auf die gesamte Wirklichkeit der Menschen, nicht nur auf ihre Spiritualität.
Im Kontext der Kirche Lateinamerikas wird die „Option für die Armen“ zentral. Aber diese gilt für die ganze Weltkirche. Denn ohne diese vorrangige tätige Sorge um jene, die dies benötigen, „laüft die Verkündigung, die auch die erste Liebestat ist, Gefahr, nicht verstanden zu werden oder in jenem Meer von Worten zu ertrinken, dem die heutige Kommunikationsgesellschaft uns täglich aussetzt“ (Evangelii Gaudium 199 zitiert hier Novo Millennio ineunte 303).
Was bedeutet es, die Armen zu evangelisieren? Es bedeutet zunächst, ihnen nahe zu sein, es bedeutet, sich darüber zu freuen, dass man ihnen hilft, sich aus Unterdrückung (Einengung) zu befreien – und zwar im Namen und im Geist Jesus Christi, der selbst arm wurde, um uns reich zu machen. (Vgl. Papst Franziskus, Angelus vom 24.1.2016)
Das hat konkrete pastorale Konsequenzen, sofern man „neue Evangelisierung“ ernst nehmen möchte. Man muss sich nämlich fragen, wo diese Menschen sind, die wir als „bedürftig“ ansehen würden. Haben wir sie im Blick in unseren Gemeinschaften, Pfarren, Bewegungen? Haben sie einen Ort, ein Ansehen, wo wir als Christen zusammenkommen? Und dabei geht es weniger um soziale Hilfe, weniger um politisches Engagement, sondern vielmehr darum, das Evangelium anzubieten, das die Kraft hat, die Herzen anzusprechen, Wunden zu heilen, menschliche und soziale Beziehungen mit der Logik der Liebe zu durchdringen und zu verwandeln. Es sind also eigentlich diese armen, bedürftigen Menschen, die für Christen das Evangelium konkret machen.
Und dann kann man mit Recht sagen: Indem Christen in der Begegnung mit ihnen das Evangelium praktizieren, werden sie selbst evangelisiert.
„Die neue Evangelisierung ist eine Einladung, die heilbringende Kraft in ihnen wirken zu sehen und sie in die Mitte des Pilgerweges der Kirche zu stellen. Wir sind berufen, in ihnen Christus zu finden, ihnen in ihren Angelegenheiten unsere Stimme zu leihen, aber auch ihre Freunde zu sein, ihnen zuzuhören, für sie zu sprechen und die geheimnisvolle Weisheit Gottes zu erfahren, die Gott mit uns durch sie teilen will.“ (Evangelii Gaudium 198)
Das Wohl des Anderen suchen
Das beginnt mit einem echten Interesse an den Menschen. Man will das Gute in ihnen entdecken, Anteil nehmen an ihren Lebenserfahrungen, an ihren Interessen und kulturellen Hintergründen und an ihrer Art und Weise, wie sie auf ihre Art Glauben leben. Das ist eigentlich eine kontemplative Haltung in der Begegnung. Sie führt dazu, nicht bloß etwas Hilfreiches oder Nettes zu tun, weil dies gerade passt, sondern weil man jenseits ihrer äußeren Erscheinung ihre Schönheit im Plan Gottes erahnt. (Vgl. Evangelii Gaudium 199)
Es ist eine Haltung des Respekts, des Wohlwollens, der Bereitschaft zu lernen (!) von ihnen, ihren Erfahrungen, ihren Kulturen, ihren Werten, ihren Traditionen und Anteil zu nehmen an ihren Freuden und Ängsten und an ihrem Glauben: Der bedürftige Mensch wird als wertvoll und geliebt angesehen. Und in dieser Haltung unterscheidet sich das Evangelium von Ideologien, bloßen Interessen oder professioneller Freundlichkeit.
Aber das kann kein altruistisches Einzelunternehmen sein. Es braucht den Rückhalt einer Gemeinschaft. Oder noch besser: die Beteiligung einer Gemeinschaft, die sensibel ist für die Realitäten des Lebens und für das Evangelium; und die sich in diesem Zusammenhang darum bemüht, zu verstehen, was Gott hier und jetzt – in dieser und jener Begegnung – sagen möchte.
In einer solchen Gemeinschaft lebt das Evangelium.
Ein prophetisches Spannungsfeld
Aber:
Es bleiben dennoch mindestens zwei unvereinbare Herausforderungen für Christen von heute.
Einmal geht es um eine respektvolle Weggemeinschaft mit unseren Zeitgenossen inmitten der Welt von heute, um eine Begegnung mit Männern und Frauen, an deren Leben man Anteil nimmt, ihnen zuhört, ihre Erfahrungen und Perspektiven beachtet, von ihnen lernt …
Und dann braucht es auch immer wieder eine prophetische Stimme angesichts mancher Phänomene unserer postmodernen Gesellschaft von heute bezüglich Konsumismus, Individualismus, Nihilismus, Hedonimus, Ent-Personalisierungstendenzen …
Es ist auch nicht klar zu unterscheiden, wo Grenzen oder Unterschiede in einer Pastoral liegen, die sich um die bereits Gläubigen, oder um neue Evangelisierung in weitem Sinn oder um missionarische Aktivitäten bemüht.
Man kann auch keine Reihenfolge festlegen. Etwa: Zuerst braucht es eine gute Gemeinschaft in christlichem Sinn und danach kann man nach außen tätig werden. Zwar wäre dieser Gedanke nicht falsch – und es braucht sicherlich Orte und Zeiten, in denen deutlich wird, was „christlich“ meint –, aber es ist auch so, dass eine Gemeinschaft in christlichem Sinn wächst, indem und während sie sich engagiert, so gut es eben jetzt möglich ist.
Dass es aber stets – egal wie sehr oder wenig überzeugend christlich eine Gemeinschaft sein mag – das Hören und Sich-Zuwenden zum Heiligen Geist ist, bleibt fundamental. Mit anderen Worten: Es geht um ein Wahrnehmen Gottes in den Zeichen der Zeit; oder: um eine persönliche Beziehung zu Jesus Christus, woraus man Konsequenzen zieht.
In jeder Ortskirche stellen sich die Herausforderungen einer (neuen) Evangelisierung auf unterschiedliche Art. Beispielsweise liegt in Lateinamerika der Fokus auf „Befreiung“. In Nordamerika und Europa hingegen geht es wahrscheinlich mehr um eine Evangelisierung der Kultur(en). Denn hier ist die Vorstellung, dass man ohne Gott gut leben kann, weit verbreitet, ja vielerorts selbstverständlich. Indem eine tolerante Gesellschaft grundsätzlich nichts gegen Religion hat (sofern diese nicht öffentlich sein möchte), ist sie gegenüber dem christlichen Glauben wie taub und kann einfach nicht verstehen, was er soll. Damit kann man leben.
Tragisch wird es jedoch, wenn darin eine gesellschaftliche Grundorientierung „Hauptsache, es geht mir/uns gut“ dazu führt, jegliche Armut und Bedürftigkeit auszublenden oder deren Behandlung bezahlten Professionisten zu überlassen, sodass man selbst ja nicht damit in Berührung kommt.
Und genau an dieser Stelle wird deutlich, welche Bedeutung das Evangelium für menschliche Wärme in einer Gesellschaft beitragen kann: weil man Menschen eben einschließen und nicht ausblenden will; weil man allen in wohlwollender und respektvoller Haltung begegnen will; weil man das Paradoxon erfahren hat, dass man durch die selbstlose Zuwendung zu Bedürftigen (nach dem Vorbild Christi) eigentlich selbst beschenkt und bereichert wird.
Zusammenfassung
Bei der neuen Evangelisierung ist zu beachten:
Die Verwurzelung in der Vision des 2. Vatikanischen Konzils und in der Lehre der Kirche gemäß den Päpsten Johannes Paul II., Benedikt XVI. und Franziskus.
Die innere Dynamik der Evangelisierung – es geht um:
- eine vorrangige Sorge um jene, die sie brauchen (Option für die Armen);
- Offenheit, Zuhören, Respektieren, Wertschätzen, Hilfsbereitschaft, Verletzlichkeit, Lernbereitschaft;
- eine Begegnung, die alle Beteiligten verändert;
- eine Konkretisierung des Evangeliums durch einen Dienst;
- ein Engagement mit einem Sinn für Schönheit und Ästhetik;
- die innere Dynamik und der Rhythmus der Liturgie;
- die realistische Einschätzung von Grenzen, Spannungen und Unzulänglichkeiten;
- ein liebevolles Stehen inmitten der komplexen kulturellen Wirklichkeiten hier und jetzt.
Neue Evangelisierung
Projekt: Crossing the Threshold (Die Schwelle überschreiten), Nottingham
Vorfragen
„Warum fehlen Menschen in der Kirche?“
Die Gründe, warum Menschen nicht (mehr) am Leben der Kirche teilnehmen, sind höchst unterschiedlich. Im Vorfeld des hier beschriebenen Projektes wurden vorzugsweise folgende Antworten genannt:
Ich habe (am Sonntag) etwas anderes vor.
Auf meine Fragen bzw. Anliegen wurde nicht eingegangen.
Ich habe einfach den Kontakt verloren.
Das hat sich im Verlauf meiner Scheidung ergeben.
Ich bin homosexuell.
Ich habe die Kirche bzw. den Glauben nie kennengelernt.
Wegen sexuellem Missbrauch.
Nach einer Übersiedlung hat sich kein Kontakt ergeben.
Kein Interesse, keine Lust.
„Was behindert einen (neuen) Kontakt?“
Die Menschen sind zu beschäftigt mit anderem.
Sie sind schon glücklich und zufrieden.
Sie haben ihre persönliche Spiritualität.
Katholisch zu sein sieht für sie ziemlich freudlos aus.
Die kirchliche Sprache.
Schlechte „Angebote“.
Schlechte Erfahrungen ganz allgemein.
„Warum kommen Menschen (zurück)?“
Spirituelle Sehnsucht
Suche nach Sinn
Bewusst-Werden schöner Kindheitserinnerungen
Das eigene Kind soll den Glauben kennenlernen
Erkenntnis, dass in der Kirche Wahrheit und Gnade ist
Einsicht in persönliche Fehler und der Wunsch nach Wiedergutmachung
Sehnsucht nach Heilung und Heil-Sein
Wunsch nach Zugehörigkeit in einer Glaubensgemeinschaft
Wunsch, sich zu engagieren
Das Projekt
Von zentraler Stelle wurde zunächst gefördert:
- das Bewusstsein, dass Pfarren eine wesentliche Rolle in der Evangelisierung haben
- die Einrichtung und Förderung von pfarrlichen Teams, damit sich diese an Nicht-Kirchgänger wenden
- die Planung und Verwirklichung von Aktivitäten
Erste Schritte
Treffen mit pfarrlichen Verantwortlichen und Mitarbeiter/innen, um das Projekt vorzustellen
Motivation zur Gründung pfarrlicher Teams
Ausbildungstag für Teams
Fünf-Punkte-Plan
- für Gebet
- eine nach außen gerichtete Aktivität zu Weihnachten
- eine nach außen gerichtete Aktivität zu Ostern
- zwei weitere Aktivitäten, die gut zur jeweiligen Pfarre passen
Aktivitäten: Gebete, Kurse, Ökumenisches, Kulturelles, Events, Willkommensinitiative, Schulisches ….
Ergebnisse - Evaluierung
gestiegener Gottesdienstbesuch
Menschen interessieren sich (neu) für den Glauben
Ermutigung für die Gläubigen selbst
Erfolgserlebnis
Sensibilisierung und Verständnis für Evangelisierung
mehr pfarrliche Willkommenskultur
Teamerfahrung
bessere Kooperation zwischen verschiedenen Gruppen
Gebetskultur
gute Erfahrung mit Projektbegleitung
„Die evangelisierende Gemeinde spürt, dass der Herr die Initiative ergriffen hat, ihr in der Liebe zuvorgekommen ist (vgl. 1 Joh 4,10), und deshalb weiß sie voranzugehen, versteht sie, furchtlos die Initiative zu ergreifen, auf die anderen zuzugehen, die Fernen zu suchen und zu den Wegkreuzungen zu gelangen, um die Ausgeschlossenen einzuladen.“ (EG 24)
Notfallseelsorge ist "Erste Hilfe für die Seele" in speziellen Notfällen und Krisensituationen. Sie begleitet Menschen nach einem traumatischen Erlebnis. Sie ist ein Angebot der Katholischen und Evangelischen Kirche und gilt allen Menschen unabhängig ihrer religiösen Bindung.
Notfallseelsorger/innen werden von Einsatzkräften gerufen:
Da Katastropheneinsatz Ländersache ist, gibt es in den einzelnen Diözesen in der konkreten Durchführung unterschiedliche Regelungen und Gepflogenheiten.
1. Standortunabhängigkeit
Das Internet ermöglicht es, dass Beratung und Hilfe zeitlich und örtlich unabhängig für Ratsuchende erreichbar sind. Onlineberatung bietet daher Vorteile für Menschen in Regionen mit schlechter Infrastruktur, für Menschen in Krisen, für Menschen mit Behinderung und für Menschen, für die das Internet ein selbstverständlicher Bestandteil des täglichen Lebens ist.
2. Anonymität
Information und Beratung im Netz kann für die/den Ratsuchende/n anonym und weitgehend vorurteilsfrei erfolgen, da sozialer Status, Hautfarbe, Geschlecht usw. a priori nicht bekannt sind. Auf diesem Weg können auch Menschen, die eine gewisse Distanz zur beratenden Person wahren wollen und / oder aufgrund von Kontakt- und Beziehungsängsten nie persönlich eine Beratungsstelle aufsuchen würden, professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Außerdem wird die Hemmschwelle, persönliche und möglicherweise als peinlich empfundene Themen anzusprechen, herabgesetzt.
3. Selbstbestimmung
Viele Menschen schätzen den in hohem Maße selbstbestimmten Onlinekontakt. Die Ratsuchenden entscheiden selbst und in eigener Verantwortung über die Häufigkeit und die Intensität des Kontakts mit den Berater/innen.
4. Niedrigschwelligkeit
Der unkomplizierte und niedrigschwellige Zugang erlaubt es auch, schnell und unverbindlich an die gewünschte Information zu kommen oder sich zu einem Thema zu äußern, ohne gleich eine Beratung in Anspruch nehmen zu müssen.
5. Unverbindlichkeit
Online-Beratung ist unverbindlicher als herkömmliche Beratungsformen. Verbindlichkeit herzustellen ist eine Herausforderung für die Berater/innen.
6. Flexibilität
Die Beratungsangebote im Netz sind besonders attraktiv, da sie schnell, billig und mit geringem Aufwand 24 Stunden am Tag nutzbar sind und das Medium Internet für viele Menschen positiv besetzt ist. Insbesondere junge Menschen und Menschen in Krisensituationen haben das Bedürfnis, ihre Probleme dann "loszuwerden", wenn sie akut sind.
7. Schriftlichkeit
Das Ausformulieren einer Anfrage oder das Niederschreiben einer Problemlage kann für die/den Ratsuchende/n schon Klarheit über die eigene Situation schaffen und Entlastung bringen. Paradoxerweise führt die Kanalreduktion gerade zu einer Steigerung des Empfindens in Bezug auf ihr unbekanntes Gegenüber. Da der Prozess in der E-Mail-Beratung verlangsamt bzw. zeitversetzt abläuft, hat der/die Berater/in ihrerseits nicht nur ausreichend Zeit für eine Beantwortung, sondern auch die Möglichkeit, zusätzliche Informationsquellen und/oder die Unterstützung anderer Personen heran zu ziehen. Der gesamte Beratungsverlauf wird in jedem Einzelfall dokumentiert und kann jederzeit sowohl von den Ratsuchenden als auch den Berater/innen nachgelesen und reflektiert werden.
8. Grenzen
Damit Onlineberatung von Ratsuchenden genutzt werden kann, sind Grundkenntnisse zur Nutzung des Internet notwendig.
1. Kann virtuelle Beratung die klassische Beratung ersetzen?
Nein, sie ist aber eine sinnvolle und notwendige Ergänzung und hat sich in Deutschland in den letzten 10 Jahren als eigenständige Beratungsart etabliert. Wenn man davon ausgeht, dass sich psychosoziale Beratung an der individuellen und gesellschaftlichen Situation der Ratsuchenden zu orientieren hat, ist es nur folgerichtig, die Palette psychosozialer Unterstützungsmöglichkeiten mit dem Angebot der Onlineberatung zu erweitern. Zudem hat sie eine besondere Bedeutung in der Prävention und in der Nachsorge erlangt. Die Erfahrung seit Beginn der Onlineberatung im Bereich der Eltern-Familien-Lebensberatung (EFL-Beratung) zeigt, dass es ein breites und stetiges Interesse von Ratsuchenden gibt, sich online rat und Hilfe zu holen. Diese Entwicklung konkurriert nicht mit der Face-to-Face-Beratung in den Beratungsstellen, da zum Teil ein anderer Personenkreis von Ratsuchenden angesprochen wird und das Angebot mit den Aufgaben einer Beratungsstelle koordiniert werden kann.
2. Wie passt dieses Angebot zum Rest unserer Arbeit?
Online-Beratung ist besonders für Menschen hilfreich,
- die aufgrund besonderer (schambesetzter) Themen den Schutz der Anonymität sowie Möglichkeiten zur Kontaktsteuerung benötigen, um ihre Probleme offen kommunizieren zu können.
- deren Mobilität oder Lebensumstände es nicht zulassen, eine Face-to-Face-Beratung aufzusuchen (z.B. aufgrund einer Erkrankung oder körperlichen Behinderung).
- denen aufgrund bestimmter Sozialisationsbedingungen computervermittelte Kommunikation alltagsvertraut ist (hier im Speziellen Kindern und Jugendlichen sowie Erwachsenen, die beruflich mit diesen Medien tagtäglich zu tun haben).
- die lokal keine Beratung in Anspruch nehmen können/wollen.
- die unter sozialem Druck stehen (z.B. alleinerziehende Mütter).
- deren Zeit es nicht zulässt, Beratungsangebote, die durch Öffnungszeiten / Sprechstunden begrenzt sind, aufzusuchen.
3. Kann Online-Beratung ein qualitativer Ersatz für die persönliche Beratung sein?
Auch bei der Online-Beratung handelt es sich um eine persönliche Beratung, die dialogisch ausgerichtet ist und auf der Grundlage einer fachlich fundierten Beratungs-Beziehung durchgeführt wird. Zudem verfügt die Online-Beratung über bestimmte "Stärken":
- So kann der psychosoziale Hintergrund der Klient/innen bis hin zur Anonymität verborgen bleiben. Der dadurch entstehende Schutzraum ermöglicht vermehrt das Offenbaren schambesetzter Themen.
- Durch die sichere Distanz wird paradoxerweise Nähe und Vertrautheit gefördert. Klient/innen können in einem sehr großen Ausmaß darüber bestimmen, was sie bereit sind über sich preiszugeben.
- Emailberatung als gelenkter selbstheilender Prozesse fördert durch die Notwendigkeit der Verschriftlichung selbstreflexive Prozesse und Problemdistanzierung und ist unabhängig von den Öffnungszeiten einer Beratungsstelle.
Zitat einer Klientin: "Ich weiß gar nicht, warum ich Ihnen das alles schreibe. Erzählen könnte ich das nie, obwohl das gesprochene Wort doch viel ungefährlicher, flüchtiger ist als das geschriebene, das auch noch nach einiger Zeit gelesen werden kann. Wenn ich schreibe, denke ich gar nicht so daran, dass es jemand liest und dann nehme ich meinen ganzen Mut zusammen und schick es ab. Schon komisch, dass dies viel einfacher ist. Außerdem kann ich so Sachen sagen, die ich sonst niemals verbalisieren würde."
Onlineberatung achtet und unterstützt in hohem Maße das Selbstbestimmungsrecht der Klient/innen, indem diese jederzeit entscheiden können, ob, wie lange und wie intensiv sie im Kontakt bleiben. Sie nehmen ein hohes Maß an Eigenverantwortung im Beratungsprozess wahr, indem sie z.B. entscheiden, ob und wie oft sie eine Mail abändern oder später weiterschreiben oder das geschriebene löschen und ob und wann sie eine Mail absenden.
4. Wie kann Vertraulichkeit der Klienten gewährleistet werden?
Onlineberatung ist anonym, auch wenn am gleichen Anschluss / PC mehrere Nutzer den Zugang zum Internet haben, da ein Zugang zur Onlineberatung nur über einen Nickname und ein persönliches Passwort möglich ist (webbasiert) und nicht über ein herkömmliches Mailprogramm abgewickelt werden kann. Die Datenübertragung selbst ist SSL verschlüsselt (wie beim Onlinebanking).
5. Sprengt diese zusätzliche Beratungsleistung den Rahmen unserer Ressourcen?
Online-Beratung ist kein zusätzliches Angebot, da wir damit Ratsuchende ansprechen, die zur Zielgruppe der EFL-Beartung zählen und vornehmlich über diesen Zugangsweg zu erreichen sind. Die Qualitätsstandards für Onlineberater/innen sehen vor, dass sie Mitglied im Team einer Beratungsstelle sind und sie bieten ca. 2 Stunden pro Berater/in und Woche Onlineberatung an.
6. Was, wenn sich herumspricht, dass man online ohne große Wartezeit direkt beraten wird?
Nicht alle Ratsuchenden bevorzugen die Onlineberatung als Beratungsform. Wir weisen andererseits sogar Ratsuchende als Überbrückung einer Wartezeit auf diese Möglichkeit hin, da die Zahl der Anfragen, die Länge und die Häufigkeit der Antworten gesteuert werden kann. Häufig sind es auch nur wenige Informationen und begrenzte Interventionen, die ein Ratsuchender benötigt, die in der Onlineberatung gut und schnell bearbeitet werden können. Zudem können Berater/innen "Ausfallstunden" (z.B. durch kurzfristige Absagen von Klient/innen) zur Beantwortung von Mailanfragen nutzen.
7. Gibt es signifikante Übereinstimmungen oder Unterschiede zwischen der Gruppe der User/innen und der Klient/innen der EFL-Stellen vor Ort (bezüglich Alter, Geschlecht, Themen...)?
Der wesentliche Unterschied zwischen der Onlineberatung und der Beratung vor Ort liegt in den Altersgruppen und dem Geschlecht. In der Onlineberatung liegt der Schwerpunkt der Ratsuchenden in der Gruppe zwischen 20 und 50 Jahren, während in den Beratungsstellen vor Ort die 30-65jährigen den Schwerpunkt bilden. Auch beim Geschlecht gibt es signifikante Unterschiede: In den Beratungsstellen vor Ort nähern sich die Zahlen der beiden Geschlechter seit Jahren stetig an, sodass die Frauen derzeit hier "nur" noch einen Anteil von etwa 60% haben. In der Onlineberatung nimmt der Anteil der Frauen stetig zu und ist von 65 auf ca. 70% gestiegen seit 2005. Auch der Kreis der Klient/innen, die eher schambesetzte Themen ansprechen und die, die Bindungsschwierigkeiten haben und bereits mehr oder weniger effektive therapeutische Vor-Erfahrungen haben, sind hier häufiger vertreten als in der Beratungsstelle vor Ort.
8. Was sind die Schwerpunkte der Beratungsanfragen?
Etwa 70% der Anfragen beziehen sich im engeren und weiteren Sinn auf Fragestellungen in den Bereichen Ehe, Beziehung, Partnerschaft und Sexualität. Zudem gibt es einen Schwerpunkt mit Anfragen, die eine schambesetzte Thematik zum Inhalt haben.
9. Wie lang ist die durchschnittliche Dauer einer Beratung (Anzahl der Kontakte, Zeiträume)?
Die meisten Beratungen werden wie in den Beratungsstellen nach 1-5 Kontakten (ca. 65-70%) abgeschlossen.
10. Gibt es eine größere Zahl an Scherzanfragen?
Nein. Die Telefonseelsorge hat Untersuchungen gemacht, wonach die Scherzanfragen am Telefon wesentlich häufiger auftreten, da die Reaktionen des Beratenden für den Ratsuchenden direkt gehört werden können und damit der "Spaßeffekt" größer ist. Zudem bedeutet es einen weitaus größeren Aufwand, eine "Scherzmail" zu verfassen.
11. Ist bekannt, ob und warum User/innen sich gezielt oder eher zufällig an kirchliche Online-Beratungen wenden?
Die Erfahrungen aus dem Zeitraum seit Ende 2003 zeigen, dass sich User/innen überwiegend gezielt an die kirchliche Onlineberatung wenden, was sie häufig auch in der ersten Mail deutlich machen. Aus der Face-to-Face-Beratung ist bekannt, dass das kirchliche Beratungsangebot im Bereich der EFL-Beratung gezielt gewählt wird, weil damit gut ausgebildete und langjährig erfahrene Berater/innen und ein seriöses Beratungsangebot assoziiert werden. Hinzu kommt, dass die Onlineberatung der KBK-EFL ein gezieltes Angebot speziell für den Bereich von Partnerschafts-und Beziehungsfragen macht. Es können explizit auch religiöse und sinnhafte Themen und Fragen angesprochen werden. Alle diese Argumente zusammengenommen sind bei der Auswahl unter einer Flut von Beratungsangeboten auf dem Online-Markt nach den Rückmeldungen der User/innen von entscheidender Bedeutung.
(aus: Die Organisation des Bistums Basel - geistliche Grundlinien)
Organisieren heißt, Voraussetzungen schaffen, dass eine menschliche Gemeinschaft als Organismus lebt und sich entfalten kann. Auch die Kirche ist ein Organismus, allerdings in besonderer Weise, ist sie doch der Leib Christi auf Erden.
Führen in der kirchlichen Gemeinschaft heißt: den Willen Gottes wirksam werden lassen, damit sein Reich komme. Der Führungsprozess beginnt daher immer mit dem Ergründen des Willens Gottes in einer bestimmten Sachlage. In der Regel ist die Entscheidungsfindung ein synodaler Prozess in der Gemeinschaft der unmittelbar Verantwortlichen und der Beratungsgremien unter Leitung des Bischofs oder seiner Beauftragten. (Der synodale Prozess in der Kirche zielt auf Konsensfindung und ist daher nicht zu verwechseln mit der Entscheidungsfindung bei Abstimmungen und Wahlen durch Mehrheitsbeschluss in politischen Systemen und staatskirchenrechtlichen Gremien, z.B. Synoden. Einmal gefällte Entscheide sind aber genauso verbindlich.) Das Führen auf den verschiedenen Ebenen des Bistums ist aus dieser Perspektive zu sehen.
Die Gemeinschaft der Kirche (Communio)
Christus "hat seine heilige Kirche, die Gemeinschaft des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe, hier auf Erden als sichtbares Gefüge verfasst. Die mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle Leib Christi, die sichtbare Versammlung und die geistliche Gemeinschaft, die irdische Kirche und die mit himmlischen Gaben beschenkte Kirche sind nicht als zwei verschiedene Größen zu betrachten, sondern bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die aus menschlichem und göttlichem Element zusammenwächst".
Diese Gemeinschaft wird sichtbar und erfahrbar im Glaubensleben und in den Glaubenswahrheiten, die seit der Zeit der Apostel bis heute weitergegeben werden (Martyria), in den gottesdienstlichen Feiern (Liturgie), in der tätigen Nächstenliebe (Diakonie) und in ihrer geordneten Gliederung mit den verschiedenen Aufgaben im Leib Christi.
Diese sichtbare Teilhabe an den Heilsgaben verbindet die Gläubigen untereinander und verleiht ihnen die gleiche Würde. So entsteht eine geistliche Solidarität unter den Gliedern der Kirche sowohl im Leben vor dem Tod wie auch im Leben nach dem Tod. Kirche ist so "in Christus gleichsam das Sakrament, d.h. Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit".
Die Gläubigen sind durch die Taufe, Firmung und Eucharistie mit Christus verbunden und in den Leib Christi eingegliedert. Dadurch haben sie auf ihre Weise teil am priesterlichen, prophetischen und königlichen Amt Christi. Durch den Heiligen Geist sind sie ausgestattet mit verschiedenen Gaben; deshalb üben sie in Kirche und Welt die Sendung des Volkes Gottes aus. Als lebendige Glieder des Volkes Gottes sind sie aktive und mitverantwortliche Träger der Heilssendung.