Leitlinien
1. GRUNDSÄTZLICHES
1.1 SELBSTVERSTÄNDNIS:
Das Netzwerk Citypastoral in Österreich (im Folgenden abgekürzt als NCÖ) ist ein freiwilliger Zusammenschluss gleichberechtigter kirchlicher Einrichtungen der Gesprächs-, PassantInnen- und Orientierungspastoral.
Die Einrichtungen der NCÖ verstehen sich im Sinne der Pastoralkonstitution des II. Vatikanums: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Notleidenden aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen Widerhall fände.“ (Gaudium et Spes Nr. 1). Wir bieten den Menschen in der pluralen Welt der Stadt Räume an zum Verweilen, zur Information, zur Auseinandersetzung mit religiösen Fragen, zu Gebet und Meditation und vor allem zum persönlichen Gespräch mit Seelsorgerinnen und Seelsorgern. Wir verstehen uns als Andockstellen, wo Menschen den Dienst der Kirche als bedeutsam für das Gelingen ihres Lebens erfahren können; wo Sinnfragen gestellt werden können; wo Orientierung auf dem Hintergrund des Evangeliums gefunden werden kann. Unsere Präsenz spiegelt etwas von dem ‚liebenden Umsonst’ der Zuwendung Gottes zu den Menschen (zit. P. Medard Kehl). Wir gehen offen auf Menschen zu. Zu den wesentlichen Merkmalen unserer Einrichtungen gehören die leichte Erreichbarkeit, verlässliche Öffnungszeiten und qualifizierte haupt- und ehrenamtliche MitarbeiterInnen.
1.2 AUFTRAG:
Die Einrichtungen der NCÖ leben im Auftrag ihrer Kirchen die pastorale Verantwortung für die Menschen unserer Zeit. Das christliche Menschenbild und das Seelsorgeverständnis unterscheidet dieses Angebot von nicht-kirchlichen Begegnungs-, Krisen- und Lebensberatungsangeboten.
1.3 VERNETZUNG:
Die einzelnen Einrichtungen der NCÖ bilden ein Netzwerk, das
- die Kommunikation und den Informationsaustausch der Mitglieder untereinander fördert
- relevante Grundsatzthemen diskutiert
- die einzelnen Mitglieder unterstützt
- die gemeinsamen Anliegen der Mitglieder nach außen kommuniziert
Das NCÖ
- ist auf Bundesebene verbunden mit der ARGE der Pastoralamts- und SeelsorgeamtsleiterInnen und der österreichischen Superiorenkonferenz (Kommission für neue pastorale Initiativen)
- ist Ansprechpartner für Interessierte und neue Projekte der Citypastoral in Österreich
- ist offen für die Vernetzung mit ähnlichen pastoralen Initiativen in Nachbarländern.
Das NCÖ pflegt Kontakt zum deutschsprachigen Netzwerk Citykirchenprojekte und zum Netzwerk der Offenen Türen in Deutschland. Einzelne Einrichtungen des NCÖ haben Mitglieds- bzw. Gast-Status in einem dieser Netzwerke.
2. ORGANISATORISCHES
2.1 TRÄGERSCHAFT:
NCÖ-Einrichtungen gibt es in katholischer, evangelischer und ökumenischer Trägerschaft. Sie kooperieren vor Ort mit verschiedenen diözesanen Einrichtungen und Ordensgemeinschaften und mit kommunalen und freien Einrichtungen. Die strukturelle und rechtliche Anbindung der einzelnen Einrichtungen geschieht über die jeweiligen diözesanen Strukturen bzw. über die Orden bzw. über die Verantwortlichen der jeweiligen Kirche.
2.2 NETZWERKTREFFEN:
Das NCÖ trifft sich einmal im Jahr zu einem zweitägigen fachlichen Austausch. Die Treffen finden abwechselnd in der Stadt einer der NCÖ-Stellen statt. Dazu können Gäste eingeladen werden. Inhaltlich besteht dieses Treffen aus folgenden drei Teilen: ein Fachteil zu einem aktuellen Arbeitsthema aus dem Beratungs- und Seelsorgekontext, Austausch über die praktische Arbeit in den einzelnen Stellen sowie Beratungen über gemeinsame strukturelle und organisatorische Fragestellungen.
2.3 LEITER/INNEN-KONFERENZEN:
Die Leiter/Leiterinnen der einzelnen Einrichtungen der NCÖ treffen sich zwischen den Netzwerktreffen mindestens einmal jährlich zum Austausch, zum Beraten und Entscheiden strategischer und inhaltlicher Fragestellungen, zur Koordination und zur Vorbereitung des Netzwerktreffens.
2.4 STIMMRECHT:
Jede NCÖ-Einrichtung besitzt bei den LeiterInnen-Konferenzen je eine Stimme; zusätzlich haben die VertreterInnen des Netzwerkes in der ARGE der Pastoralamts- und SeelsorgeamtsleiterInnen und der österreichischen Superiorenkonferenz (Kommission für neue pastorale Initiativen) je eine Stimme.
2.5 VERTRETUNG des Netzwerkes in der ARGE der Pastoralamts- und SeelsorgeamtsleiterInnen und der österreichischen Superiorenkonferenz (Kommission für neue pastorale Initiativen): In der LeiterInnen-Konferenz wird gemeinsam entschieden, welche Inhalte in die jeweiligen Gremien kommuniziert werden. Anfragen aus diesen Gremien werden von der LeiterInnen-Konferenz gemeinsam beantwortet.
2.6 FINANZIERUNG:
Das NCÖ kommt mit minimaler Administration aus.
Notwendige Ausgaben werden finanziert durch
- einen jährlichen Mitgliedsbeitrag der einzelnen Einrichtungen; dessen Höhe wird in der LeiterInnen-Konferenz gemeinsam beschlossen
- Subventionen der Träger bzw. der österreichischen Superiorenkonferenz und anderer Organisationen
2.7 SPRECHER/IN:
Der Sprecher/die Sprecherin des NCÖ wird von der LeiterInnen-Konferenz auf jeweils drei Jahre gewählt.
Zu den Aufgaben des Sprechers/der Sprecherin gehören:
- der Kontakt zu den Gremien auf Bundesebene (ARGE der Pastoralamts- und Seelsorgeamts-leiterInnen und österreichische Superiorenkonferenz/ Kommission für neue pastorale Initiativen)
- die Vertretung/Kommunikation der Themen, Anliegen und Entscheidungen der NCÖ nach außen
- die Teilnahme an den Netzwerktreffen
- die Verwaltung der Finanzen der NCÖ
- die Einladung zu und die Teilnahme an den LeiterInnen-Konferenzen
- Information der Einrichtungen zwischen den Sitzungen in schriftlicher Form.
2.8 AUFNAHME IN DAS NETZWERK:
Die Aufnahme als Mitgliedseinrichtung in das NCÖ erfolgt durch einen Antrag der jeweiligen Einrichtung. Die LeiterInnen-Konferenz berät, ob die beantragende Einrichtung der Konzeption und den wesentlichen Aufgaben der NCÖ entspricht und entscheidet per Mehrheitsabstimmung (einfache Mehrheit) über die Aufnahme.
3. STANDARDS
Das NCÖ vereint Einrichtungen der Gesprächspastoral, die sich an den Standards der Offenen Türen (Punkt 3A) orientieren, und Einrichtungen der PassantInnen- und Orientierungspastoral, die sich an den Standards des ökumenischen Netzwerkes Citykirchenprojekte (Punkt 3B) orientieren.
3A STANDARDS DER EINRICHTUNGEN DER GESPRÄCHSPASTORAL
3A.1 NIEDERSCHWELLIGKEIT:
Während der Öffnungszeiten kann jede/r Ratsuchende spontan, ohne Voranmeldung eintreten und trifft auf eine/n fachlich kompetente/n Gesprächspartner/in, mit dem sie/er ihr/sein Anliegen besprechen kann. Es gibt keinerlei Eingrenzungen auf bestimmte Themen oder Sachbereiche. Wer eine Einrichtung der NCÖ betritt, wird hier mit seinem Anliegen nach Information, Orientierung, Entlastung, Gespräch und Beratung oder auch nach Krisenintervention ernst genommen. Kennzeichen dieses Angebots sind:
- leichte Erreichbarkeit und barrierefreier Zugang
- keine Wartezeit für Erstkontakte
- Offenheit für jeden Menschen unabhängig von Religion und Nationalität
- Gespräch oder Beratung im persönlichen Kontakt von Angesicht zu Angesicht
- keine Eingrenzung der Themen
- die Zusicherung der Anonymität für die Ratsuchenden
- die Vertraulichkeit aller Kontakte und aller dienstlichen Informationen
- die Kostenfreiheit der Gespräche
3A.2 MITARBEITENDE:
In den NCÖ-Einrichtungen arbeiten Theologen/innen, Pfarrer/innen, Psychologen/innen, Seelsorger/innen, Lebens- und Sozialberater/innen, Soziolog/innen, Pädagogen/innen, Sozialpädagogen/innen, Juristen/innen u. a. mit Qualifikation.
Jede Einrichtung benötigt ein angemessenes Maß an hauptberuflich Tätigen und eine genügende Anzahl von ehrenamtlich Mitarbeitenden, entsprechend den Öffnungszeiten und dem Angebot der jeweiligen Einrichtung.
Alle Mitarbeitenden in der NCÖ unterliegen der seelsorglichen Verschwiegenheit.
3A.3 LEITER/IN DER EINRICHTUNG:
Die Leiter/innen der Einrichtungen sind hauptamtliche Mitarbeitende und verfügen über eine qualifizierte theologisch-seelsorgliche und beraterische Ausbildung und Berufserfahrung. Die Bereitschaft zur Mitarbeit auf Bundesebene im NCÖ gehört zum Profil eines/er örtlichen Leiters/in.
3A.4 HAUPTAMTLICH MITARBEITENDE:
Sie haben eine qualifizierte beraterische und/oder therapeutische Ausbildung und Berufserfahrung. Daneben verfügen sie über eine seelsorgliche Qualifikation oder entsprechende Kenntnisse. Für eine sinnvolle pastorale Präsenz ist es wünschenswert, ca. doppelt so viele hauptamtliche (bezahlte) Stunden wie Öffnungszeiten zu gewährleisten (vgl. die durchschnittliche Stundenzahl von Hauptamtlichen in Deutschland, Ungarn und der Schweiz).
3A.5 MITARBEITENDE AUF HONORARBASIS:
Sie verfügen über eine dem Stellenprofil angemessene entsprechende beraterische, psychosoziale oder therapeutische Qualifikation und Berufserfahrung oder eine dem Anforderungsprofil für bestimmte Fachgebiete entsprechende Qualifikation.
3A.6 EHRENAMTLICH MITARBEITENDE:
Sie arbeiten entsprechend der Konzeption und des Anforderungsprofils ihrer Einrichtung mit und werden für diese Aufgabe aus- und weitergebildet.
3A.7 SUPERVISION:
Alle Mitarbeitenden nehmen regelmäßig an Fortbildungen und Supervisionen teil. Supervision ist integraler Bestandteil der Arbeit aller Mitarbeitenden der NCÖ-Stellen. Im Mittelpunkt der Supervision stehen:
- Beratungssituationen und -zusammenhänge
- Beziehung zwischen BeraterIn und Ratsuchendem/Ratsuchender
- Reflexion der Methodik
- Beziehungen im Team im Zusammenhang mit der fachlichen Arbeit
- Institutionelle Aspekte und deren Auswirkung auf die beraterische Tätigkeit
- Klärung der Rollen von hauptamtlichen, ehrenamtlichen und Mitarbeitenden auf Honorarbasis.
Die Qualifikation des/der Supervisor/in sollte sich an den üblichen Standards der entsprechenden Fachverbände orientieren. Die Supervision der hauptamtlichen Mitarbeitenden wird von einem/r externen Supervisor/in durchgeführt. Die Supervision der ehrenamtlichen Mitarbeitenden kann sowohl von einem/r externen als auch einem/r internen Supervisor/in übernommen werden. Alle an der Supervision Beteiligten sind zur Verschwiegenheit nach außen verpflichtet. Die Finanzierung der Supervision ist durch die Träger der Einrichtung sicherzustellen.
3B STANDARDS DER EINRICHTUNGEN DER PASSANTiNNEN- UND ORIENTIERUNGSPASTORAL
3B.1 OFFENHEIT:
Alle Einrichtungen wissen sich dem Ziel verpflichtet, zuverlässig und möglichst barrierefrei kirchliche Präsenz in der City zu gewährleisten. Je nach Schwerpunktsetzung widmen sie sich in unterschiedlicher Gewichtung dem Anliegen, christlich-spirituelle, diakonische und sozialkritische Impulse in das Leben der Stadt einzutragen, Information und Gespräch anzubieten. Kennzeichen dieses Angebots:
- Nach außen erkennbares christliches Profil
- Zentrale Lage
- Regelmäßige Öffnungszeiten
- möglichst auch in körperlicher Hinsicht barrierefreier Zugang
- Offenheit für Menschen unabhängig von deren Religionszugehörigkeit oder Nationalität, Offenheit hinsichtlich der von den Menschen gewählten Themen
- Ohne Bindungsintention, Menschen für die Institution Kirche oder einzelne Einrichtungen gewinnen zu wollen
- Gespräch im persönlichen Kontakt unter angemessener Wahrung der Vertraulichkeit (je nach Gesprächskontext: im offenen Begegnungsraum hören ggf. auch andere BesucherInnen mit oder es finden Gruppengespräche statt)
- Ohne Konsumverpflichtung, gratis Gesprächsangebot und weitgehend kostenfreie Veranstaltungen
3B.2 MITARBEITENDE:
Die NCÖ-Einrichtungen sind mit entsprechendem hauptamtlichen Personal ausgestattet, das über Fach- und Fähigkeitskompetenz hinsichtlich Theologie, Gesprächsführung, Begleitung von Ehrenamtlichen, Konzeptentwicklung, Vernetzung in Diözese, Dekanat und in der Stadt und für die Zusammenarbeit mit KooperationspartnerInnen vor Ort verfügt. Auch alternative Grundkompetenzen (z.B. Soziologie, Volkswirtschaft, Psychologie, …) stellen eine Bereicherung die jeweiligen Teams dar und bedürfen einer vor Ort zu ergänzenden theologisch-pastoralen Weiterbildung.
3B.3 LEITERiNNEN DER EINRICHTUNGEN:
Die LeiterInnen der Einrichtungen sind hauptamtliche MitarbeiterInnen und verfügen über eine qualifizierte theologisch-seelsorgliche und beraterische Ausbildung und Berufserfahrung. Die Bereitschaft zur Mitarbeit auf Bundesebene im NCÖ gehört zum Profil eines/er örtlichen Leiters/in.
3B.4 EHRENAMTLICH MITARBEITENDE:
Sie arbeiten entsprechend der Konzeption und des Anforderungsprofils ihrer Einrichtung mit und werden von den Einrichtungen eigeninitiativ für diese Aufgabe aus- und weitergebildet. Eine allfällige Supervision der ehrenamtlich Mitarbeitenden kann ggf. auch von einem/r internen Supervisor/in begleitet werden.
3B.5 SUPERVISION:
Alle hauptamtlich Mitarbeitenden nehmen regelmäßig an Fortbildung und möglichst auch Supervision teil. Die Qualifikation des/der Supervisors/in orientiert sich an den üblichen Standards der Fachverbände. Die Supervision wird von einer externen Person durchgeführt. Alle an der Supervision Beteiligten sind zur Verschwiegenheit nach außen verpflichtet. Die Finanzierung der Supervision ist durch die Träger der Einrichtung sicherzustellen.