(Denia und Yad stehen herum, gestikulieren. Maria Magdalena kommt.)
MariaM: Er lebt! Der Herr lebt! Jesus ist von den Toten auferstanden!
Denia: Beruhige Dich! - Und rede keinen Unsinn! Ich habe gesehen, wie er gekreuzigt wurde, wie der Hauptmann ihn mit der Lanze durchbohrt hat, wie seine Leiche vom Kreuz abgenommen wurde. Und später haben wir miteinander den Leichnam einbalsamiert und in Leichentücher gewickelt.
MariaM: Aber...
Yad: Und ich war dabei, wie wir ihn zu sechst ins Grab gelegt und den Stein vor die Grabhöhle gerollt haben.
MariaM: Aber ich habe ihn gesehen und mit ihm gesprochen.
Denia: Was hast du genau gesehen?
MariaM: Zuerst dachte ich, es ist ein Gärtner. Aber dann hat er mir seine Wunden gezeigt und mich zu den Aposteln geschickt, um ihnen alles zu erzählen.
Yad (beschwichtigt): Maria, wir sind alle mit den Nerven fertig. Wir haben bis zuletzt gehofft, dass Jesus vom Kreuz heruntersteigen würde. Aber das ist nicht geschehen. Er ist tot. Du hast ihn sehr gemocht. Vielleicht hattest du eine tröstliche Vision oder deine Fantasie ist mit dir durchgegangen.
MariaM: Aber es war seine Stimme. Er war nur nicht sofort zu erkennen und ich durfte ihn nicht berühren.
Denia: Das klingt wie ein Wachtraum. Ich wünschte, es wäre wahr, was du sagst.
Yad: Aber das ist unmöglich. UNMÖGLICH!
MariaM: Ihr glaubt es nicht. Gott kann Tote auferwecken. Bei Gott ist nichts unmöglich. (geht ab)
Denia: Da hat sie recht. Bei Gott ist nichts unmöglich.
Yad: Aber sie ist eine Frau. Frauen fantasieren manchmal. Du bist natürlich eine Ausnahme. Aber es ist eine Tatsache, dass das Wort einer Frau vor Gericht nur zählt, wenn es von anderen bestätigt wird.
Kleophas (kommt): Shalom, Freunde! Jesus liegt nicht mehr in seinem Grab! Petrus und Johannes waren dort, der Stein war weggerollt, obwohl das Grab ja bewacht war. Ein Engel ist ihnen dort erschienen.
Yad: Dann man vielleicht die Wachen bestochen, den Stein weggerollt...
Kleophas: Nein, die Wachen waren die ganze Zeit da. Sie haben sofort die Hohepriester und Pilatus verständigt, als sie bemerkt haben, dass das Grab offen war.
Denia: Vielleicht haben Engel den Leichnam geholt?
ElvisFan: (läuft aufgeregt herbei) Er lebt! Er lebt!
Kleophas: Was? Wer bist du? Du hast ihn auch gesehen?
ElvisFan: Viele haben ihn gesehen. Er lebt! Er lebt!
Kleophas: Und wo ist er?
ElvisFan: In seinem Haus! Er lebt! Elvis lebt! - Oh, Elvis! Und er macht Musik wie früher! (ab)
Zach (kommt herbei, hat das gehört, schüttelt den Kopf): In der Stadt herrscht das reinste Chaos! Da ist dieser Typ noch harmlos. Die Anhänger der Hohepriester suchen überall, wo man den Leichnam Jesu versteckt haben könnte, der verschwunden ist. Dazwischen laufen die Pilger herum, um nach dem Fest alles für ihre Abreise vorzubereiten oder sie sind schon auf dem Weg. Die Apostel haben sich in das Haus zurückgezogen, wo sie das letzte Abendmahl mit Jesus gegessen haben. Maria Magdalena macht alle verrückt, weil sie den auferstandenen Herrn gesehen haben will. Da kennt sich ja niemand mehr aus! - Mir reicht’s. Ich gehe zurück in mein Heimatdorf nach Galiläa.
Kleophas: Das werde ich auch tun. Es war eine gute Zeit mit Jesus. Ich werde immer daran denken und so leben, wie er es uns gezeigt hat. Zumindest will ich mich bemühen. Aber ich verstehe trotzdem nicht, wie es so weit kommen konnte. Vielleicht war er doch nicht Gottes Sohn, sondern nur ein toller Mensch.
Zach: Wir werden sehen. Wie heißt es in der Schrift? Wenn etwas von Gott kommt, wird es Bestand haben. Also: Wenn Jesus wirklich von Gott ist, dann wird er auf irgendeine Art unter uns bleiben. Ansonsten war das halt eine nette Zeit mit einem interessanten Menschen. Und so charismatisch und bewunderungswürdig er war: wir werden ihn vergessen.
ElvisFan (kommt zurück): Und ich sage euch: Er ist unsterblich! Oh, Elvis! (ab)
Denia: Ich gehe zurück und frage einen der Apostel. Ich will hören, was da los ist.
Yad: Ich will es auch wissen. Niemand hat Jesus so gut gekannt, wie die Apostel. Ich komme mit dir.
Zach: Alles Gute, Freunde. Vielleicht sieht man sich wieder. Besucht mich, wenn ihr wieder in Galiläa seid.
Kleophas: Wir haben den gleichen Weg. Wir können gemeinsam gehen.
Zach: Das ist gut. Dann können wir miteinander reden.
Kleophas: Es ist jetzt besser, nicht allein zu sein. (Man verabschiedet sich, Denia und Yad ab; Kleo und Zach gehen ein paar Schritte.)
Zach: Das Beste ist, wir nehmen den Weg über Jericho. Es werden so viele Pilger unterwegs sein, dass auch der Weg durch die Schlucht ungefährlich ist.
Jakob: Nach Jericho würde ich nicht gehen. Eine römische Kohorte hat die Wege dorthin blockiert und sucht nach Räuberbanden. Das wird noch ein paar Tage dauern. Die Römer sorgen für Ordnung, aber sie machen uns trotzdem das Leben schwer.
Kleophas: Was sollen wir dann tun? Nach Norden könnten wir es heute bis Sichem schaffen.
Zach: Wenn wir gut vorankommen bei all den Pilgergruppen.
Jakob: Lasst euch doch Zeit. Ihr habt sowieso viel miteinander zu besprechen, wie ich gehört habe. Geht nach Emmaus. Das ist nicht so weit. Deshalb wird auch die Herberge nicht überlaufen sein. Alle Pilger werden erst irgendwo danach Rast machen.
Zach: In Emmaus gibt es mehrere Herbergen. Welche meinst du?
Jakob: Geht hin "Zur fleißigen Sabina". Dort ist es pico-bello.
Kleophas: Ich kenne das. Danke. Wir werden deinem Rat folgen.
(Jakob ab; Kleo und Zach gehen ein paar Schritte und kommen zu Ben, der am Straßenrand sitzt)
Zach (geht auf ihn zu): Was ist mit dir? Können wir dir helfen?
Ben: Jemand will mir helfen? Hunderte sind vorübergegangen ohne mich zu beachten. Ich habe schon aufgegeben, um etwas zu bitten.
Kleophas: Was ist mir dir? Bist du erschöpft? Hungrig? Durstig?
Ben: Alles. Vor allem aber hungrig und durstig. Ich habe meine Wasserflasche und meinen Proviant irgendwo auf dem Weg verloren. Dann bin ich so lange weitergegangen, bis ich nicht mehr konnte. (Zach packt die Wasserflasche aus, gibt ihm zu trinken; Kleo holt etwas zum Essen hervor)
Ben: Wieso seid ihr gut zu mir? Ihr habt doch nichts davon, mir zu helfen.
Kleophas: Wir gehören zu Jesus. Wir sind seine Freunde. Und wir wollen das tun und so leben, wie er uns gelehrt hat.
Zach: Hilfsbereitschaft gehört dazu.
Ben: Gott segne euch. Grüßt diesen Jesus von mir. Ich kenne ihn nicht, aber das muss ein guter Mensch sein.
Kleophas: Er war mehr als ein guter Mensch.
Zach: Die machtgierigen Hohepriester und der zynische, grausame Pilatus haben ihn kreuzigen lassen.
Ben: Wenn euer Jesus tot ist, werdet ihr ihn über kurz oder lang vergessen. Dann wird es vorbei sein mit eurer Hilfsbereitschaft. Dann habe ich richtig Glück, dass ihr mich heute gefunden habt. In einem Jahr oder schon früher werdet ihr all eure guten Vorsätze vergessen haben.
Kleophas: Nein. Wer Jesus wirklich kennengelernt hat, kann ihn nicht vergessen.
Ben: Das wäre schön. Für alle, denen ihr in Zukunft begegnet! Ich danke euch! Macht es gut! Denkt möglichst lang an euren Jesus! (Kleo und Zach gehen weiter)
Zach: Warum musste alles so kommen?
Kleophas: Ich verstehe es nicht. Jesus hat Göttliches gewirkt: er hat Wunder getan, er hat Sünden vergeben. Er hat Menschen dazu gebracht, ihr verpfuschtes Leben zu ändern und neu anzufangen.
Zach: Gott war mit ihm. Aber warum hat er ihn verlassen? Warum musste er am Kreuz sterben?
J (kommt hinzu): Warum seid ihr so betrübt? Worüber redet ihr?
Kleophas: Über das, was in Jerusalem geschehen ist.
J: Und was war das?
Kleophas: Bist du der einzige, der das nicht mitgekriegt hat?
J: Was denn?
Zach: Das mit Jesus von Nazaret. Wir dachten, er wäre der Messias, auf den wir so lange warten. Er hat großartige Dinge vollbracht. Aber dann haben ihn die Behörden hinrichten lassen.
J: Und was glaubt ihr, wer dieser Jesus war?
Kleophas: Ich glaube, er war der Messias: Ja, vielleicht sogar der Sohn Gottes. Und deshalb verstehe ich noch weniger, wieso Gott ihn nicht vom Kreuz erlöst hat.
Zach: Obwohl: zuletzt hat man das Grab leer gefunden, in dem er gelegen ist. Und Maria Magdalena macht alle verrückt, indem sie behauptet, dass sie ihn als Lebenden gesehen und mit ihm gesprochen hat.
J: Was würde es bedeuten, wenn sie Recht hat? Wenn es stimmt, was Maria Magdalena bezeugt: dass er auferstanden ist und lebt? Wäre das für Gott unmöglich?
Kleophas: Für Gott ist nichts unmöglich. Aber wieso hätte es so kommen sollen? Die Menschen würden an Jesus doch viel leichter glauben, wenn sie sehen, dass er der Sieger ist: der Sieger über die Hohepriester, der Sieger über die Römer.
J: Aber so zeigt er etwas noch Größeres: Wenn er auferstanden ist und lebt, dann zeigt er, dass er der Sieger über den Tod ist. Und der Tod ist der schlimmste Feind des Menschen, noch schlimmer als korrupte Politiker, als verwirrte Fanatiker, als engstirnige religiöse Eiferer. - Aber das steht alles in der heiligen Schrift: Der Sohn Gottes muss leiden, er muss im Ertragen äußerster Ungerechtigkeit und äußersten Schmerzes durchhalten, wie Gott zu sein: das heißt: zu lieben.
Zach: Du sagst es: Jesus hat am Kreuz seinen Feinden verziehen. Er hat sogar für sie gebetet - "denn sie wissen nicht, was sie tun" - hat er gesagt.
J: Woran erinnert ihr euch noch?
Kleophas: An so vieles. Aber wieso sagst du, dass alles in der heiligen Schrift steht? Heißt das, es musste alles so kommen - und Jesus hat wirklich den Tod besiegt? Und was ist jetzt?
Zach: Jesus hat nicht für sich selbst gelebt. Er hat von einem Auftrag gesprochen, den er von Gott, seinem Vater erhalten hat: er wollte die Menschen erlösen.
J: Und er hat sie vom Tod erlöst. Denn jetzt ist klar, dass es noch etwas nach dem Tod gibt: Auferstehung und Leben. Alle seine Freunde, alle, die an ihn glauben, erfahren das jetzt: Wenn Jesus lebt, werden auch alle leben, die zu ihm gehören. Mit ihm werden sie einst auferstehen und bei Gott eine ewige Heimat finden.
Zach: Die Apostel haben von seinen rätselhaften Abschiedsreden erzählt. Jesus wollte zum Vater gehen, um Wohnungen für die Seinen zu bereiten. Er hat wohl von seinem Tod und seiner Auferstehung - und von der ewigen Gemeinschaft seiner Freunde mit ihm und mit Gott gesprochen.
Kleophas: Langsam verstehe ich, dass es hier einen größeren Zusammenhang gibt. (Sie kommen zur Herberge)
J: Wir sind da. Tja, dann: Lebt wohl.
Zach: Bleib doch bei uns. Es wird ja schon Abend. Wir möchten noch mehr von dir erfahren.
Kleophas: Deine Worte tun gut. Sie sind aufbauend. Erzähl uns noch mehr!
(Sabina kommt zur Begrüßung)
Sabina: Willkommen in Emmaus! Willkommen in meiner Herberge. Ich freue mich, dass ihr meine Gäste seid. (Sie blickt Jesus etwas verwundert an) Ich glaube, ich habe euch schon bei mir gesehen.
Zach: Ja, ich war schon hier, Kleophas auch. Sag, kannst du uns einen Tisch geben, irgendwo in einer Ecke. Wir sind ins Gespräch vertieft, aber es braucht nicht jeder wissen, worüber wir reden.
Sabina: Das mache ich gern. Aber wahrscheinlich reden sowieso alle über dasselbe: über das, was in Jerusalem geschehen ist - und über das Gerücht, dass Jesus auferstanden ist. Gott gäbe, dass es so wäre!
(alle setzen sich um einen Tisch - kurze Pause, in der alle still verharren - das Licht ändert sich)
J: Danke für das gemeinsame Mahl. Ich freue mich immer, mit Freunden gemeinsam bei Tisch zu sitzen.
Kleophas: Gemeinschaft mit Freunden ist immer etwas Gutes.
Zach: Hier ist das letzte Stück Brot. Möchtest du es?
J: Ja. - Möge Gott dieses Brot segnen... (murmelt, bricht das Brot, verteilt es) Nehmt und esst von diesem Brot. Es ist das Zeichen des neuen und ewigen Bundes, den Gott mit den Menschen schließt..
(J lächelt, steht auf, geht, die anderen verharren; dann springen sie auf)
Kleophas: Es ist der Herr! Ich habe es irgendwie geahnt. Aber wo ist er?
Zach: Brannte uns nicht das Herz, als er mit uns gesprochen hat?
Kleophas: Das heißt: Jesus lebt! Er war es, der mit uns gesprochen hat. Er hat uns die Schrift erklärt, und ich verstehe jetzt, worum es geht.
Zach: Wir haben ihn vorher gar nicht erkannt. - Für mich steht es fest: Jesus ist der Sohn Gottes.
Kleophas: Dann lebt er weiter mitten unter uns. Auch wenn wir ihn einmal gar nicht erkennen sollten.
Denia: Jesus ist da, wo 2 oder 3 in seinem Namen zusammenkommen.
Yad: Jesus ist da in der Gemeinschaft seiner Freunde.
Jakob: Jesus ist da, wenn jemand in der Kraft des Heiligen Geistes einen guten Rat gibt.
Ben: Jesus ist da, wo man dem geringsten Mitmenschen etwas Gutes tut.
MariaM: Jesus ist da - auch wenn man ihn nicht gleich erkennt.
Kleophas: Jesus ist da in der Botschaft der heiligen Schrift.
Zach: Jesus ist da, wo wir in seinem Namen das Brot brechen und Eucharistie feiern.
Sabina: Jesus ist da: in Emmaus.
ElvisFan: (läuft vor) Er lebt! JESUS lebt!
J: Und jetzt geht in alle Welt und sagt allen weiter, was ihr erlebt habt, was ihr gehört und gesehen habt. Sagt es allen Menschen: Gott ist nahe und Jesus Christus ist mitten unter euch.
Dieses Mysterienspiel wurde am 15.4.2012 in der Pfarre Emmaus am Wienerberg, Wien 10, anlässlich der Jubiläumsfeier "20 Jahre Kirchweihe" mit Jugendlichen aus der Pfarrgemeinde erstmals gespielt.